Morbus-Crohn-Patienten könnten es schwer haben, eine robuste Immunität gegen COVID-19 zu erreichen, wenn sie mit Infliximab behandelt werden.
Das Biologikum Infliximab, das bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa häufig zum Einsatz kommt, könnte ein Störenfried sein, wenn es um die Produktion von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 geht. Zu diesem Ergebnis kamen Ahmad et al. in ihrer CLARITY-Studie, nachdem sie Daten aus einem Patientenregister (CLARITY IBD) für entzündliche Darmerkrankungen analysiert haben.
Infliximab ist ein chimärer monoklonaler Antikörper gegen den Tumornekrosefaktor α (TNFα), der als Immunsuppressivum eingesetzt wird. Das Arzneimittel wird als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung angewendet. Neben Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind die rheumatoide Arthritis, Spondylitis ankylosans und die Psoriasis weitere Andwendungsgebiete. Aufgrund der möglichen schweren Nebenwirkungen, kommt Infliximab in der Regel nur dann zum Einsatz, wenn vorangegangene andere Behandlungsoptionen mit einem Kortikosteroid und/oder einem Immunsuppressivum erfolglos waren.
Bekanntlich erhöht TNFα das Infektionsrisiko. In Hinsicht auf COVID-19 scheint das Medikament dementsprechend die Immunantwort auf SARS-CoV-2 zu beeinträchtigen, indem ein Zytokin gehemmt wird, dass der Körper für die Abwehr der Viren benötigt.
Untersucht wurden die Daten von 6.935 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren. Dabei zogen die Studienautoren einen Vergleich zwischen Infliximab und Vedolizumab. Letzterer Wirkstoff ist ein Arzneistoff aus der Klasse der Immunmodulatoren und kommt häufig dann zum Einsatz, wenn Infliximab nicht wirk. Er wird also ebenfalls zur Behandlung von CED angewendet, beeinträchtigt jedoch nicht die Immunabwehr. Zwei Drittel der Personen (4.685) war Infliximab verabreicht worden, das restliche Drittel (2.250) hatte Vedolizumab erhalten.
Den Ergebnissen zufolge produzierte ein großer Teil der mit dem Biologikum behandelten Patienten nach einer Corona-Infektion nur eine geringe Zahl an Antikörpern, eine Serokonversion fand zum Teil erst gar nicht statt. Der Anteil der COVID-Fälle teilte sich mit 8,3 % in der Infliximab-Gruppe und 8,9 % in der Vedolizumab-Gruppe sehr gleichmäßig auf, das gilt mit 5,2 und 4,3 % auch für die positiven PCR-Tests. Bei den Antikörpern zeichnet sich ein anderes Bild: Bildeten von den 4.685 Patienten in der Infliximab-Gruppe nur 161 (3,4 %) Antikörper, waren es bei den Vedolizumab-Patienten 134 von 2.250 Personen (6 %).
Nur 39 von 81 Patienten aus der Infliximab-Gruppe (48 %) hatten Antikörper entwickelt, nach die Infektion durch PCR bestätigt worden war. Wer außer Infliximab außerdem mit weiteren Immunsuppressiva behandelt worden war, erreichte nur noch 37 %, dies galt für 15 von 41 Patienten. Im Vergleich dazu waren es bei den Vedolizumab-Patienten 30 von 36 (83 %).
Dementsprechend ist bei diesen Patienten damit zu rechnen, dass Reinfektionen bei ihnen wahrscheinlicher sind als bei anderen. Außerdem ist von einem erhöhten Risiko für eine chronische Infektionen auszugehen.
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