Ein Münchner Forschungsteam hat entdeckt, dass selbstzerstörerische Zellen des Immunsystems für die Fettleber-Hepatitis verantwortlich sind. Dieses Wissen kann helfen neue Therapieformen zu entwickeln.
Starke Fettleibigkeit geht häufig mit einer Fettleber-Entzündung einher. Bisher war weitgehend unbekannt, wie es zu der Erkrankung kommt.
Das Team um den Immunologen Prof. Percy Knolle von der Universität München beobachtete Prozesse an Mäusen, die vermutlich auch für den Menschen gelten.
Besonders wichtig für den Schutz des Immunsystems sind Killer CD8 T-Zellen, welche infizierte Körperzellen spezifisch erkennen und eliminieren.
„Wir haben entdeckt, dass die Immunzellen in der Fettleber-Hepatitis nicht durch bestimmte Erreger, sondern durch metabolische Signale aktiviert werden“, erklärt Michael Dudek, Erstautor der Studie. „Die so aktivierten T-Zellen vernichten dann wahllos alle Zellen in der Leber.“
Bis dahin durchlaufen die Immunzellen eine einzigartige, schrittweise Zell-Aktivierung, die bisher nicht bekannt war. Nur wenn Entzündungssignale und Produkte des Fettstoffwechsels in der richtigen Reihenfolge auf die Immunzellen einwirken, entwickeln sie ihre zerstörerische Fähigkeit.
„Ähnlich wie bei der Eingabe eines Sicherheitscodes zum Öffnen eines Safes werden die T-Zellen erst durch die definierte Sequenz an Aktivierungs-Signalen ‚scharfgeschaltet‘“, sagt Knolle.
Als Auslöser für das Töten von Gewebezellen identifizierte das Forschungsteam einen eigentlich harmlosen Metaboliten: den Energieträger ATP. Auto-aggressive CD8 T-Zellen in der Leber, die mit ATP reagierten, zerstörten die Zellen in ihrer Nähe und verursachten so eine Fettleber-Hepatitis.
Die von den Forscherinnen und Forschern entdeckte Zerstörung von Gewebe durch auto-aggressive Immunzellen unterscheidet sich von herkömmlichen Autoimmunerkrankungen. Dabei greifen Zellen des Immunsystems ganz gezielt bestimmte Körperzellen an.
Möglicherweise spielen gewebezerstörende auto-aggressive T-Zellen aber auch eine Rolle bei Autoimmunerkrankungen, ohne, dass man das bisher weiß, so der Hinweis der Autoren.
Bislang lässt sich die Fettleber-Hepatitis nur umkehren, wenn auslösende Faktoren wie z. B. Übergewicht ausgeschaltet werden, Patienten also ihren Lebensstil ändern.
Die Erkenntnis, dass die Fettleber-Hepatitis durch aktivierte Immunzellen entsteht, kann zur Entwicklung gezielter Immuntherapien genutzt werden. „Die zerstörerische auto-aggressive Form der Immunantwort lässt sich klar trennen von der schützenden T-Zell-Immunantwort gegen Viren und Bakterien“, sagt Knolle.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Technischen Universität München. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
Bildquelle: Bhushan Sadani, unsplash