Gendermedizin, wohin das Auge blickt: Immer mehr Studienergebnisse deuten darauf hin, dass es eklatante Unterschiede bei der Entstehung, dem Verlauf und der Therapie diverser Erkrankungen gibt. IMS Health hat jetzt speziell das Thema Depressionen untersucht.
Beim Bundeskongress Gender-Gesundheit am 21. und 22. Mai kamen Aspekte der Arzneimittelversorgung zur Sprache. IMS Health hat am Beispiel von Menschen mit Depression untersucht, inwieweit Frauen und Männer unterschiedlich versorgt werden. Zum Hintergrund: Nach einer aktuellen Prognose der WHO werden Depressionen in den nächsten 15 Jahren stark an Bedeutung gewinnen. Manche Experten sprechen sogar von der Volkskrankheit Nummer eins. Auf die Volkswirtschaft kommen hohe Kosten zu.
Für Deutschland gibt das Robert-Koch-Institut (RKI) bei Depressionen eine Gesamtprävalenz von 8,1 Prozent an – mit starken Unterschieden: Bei Frauen sind es 10,2 Prozent, und bei Männern 6,1 Prozent. IMS Health zufolge hat sich der Absatz von Antidepressiva in den letzten zehn Jahren unterschiedlich stark erhöht, zuletzt um zwei Prozent (2014), gemessen am Vorjahr. Entsprechende Arzneimittel gehören längst zur Top-Ten-Liste.
Doch wie sieht der Versorgungsalltag aus? Von 100.725 Patienten mit Depression als Erstdiagnose waren 62 Prozent (Diagnose durch den Facharzt) beziehungsweise 65 Prozent (Diagnose durch den Hausarzt) weiblichen Geschlechts. „Diese Zahlen spiegeln jedoch weniger die Häufigkeit der Erkrankung bei beiden Geschlechtern wider als vielmehr die höhere Bereitschaft von Frauen, sich wegen depressiver Symptome an einen Arzt zu wenden“, lautet ein Kommentar von IMS Health. Bei der Pharmakotherapie zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede. Von ihren Hausärzten erhielten 38 Prozent aller Frauen und 39 Prozent aller Männer selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI). Zum Vergleich: Bei Fachärzten waren es 53 Prozent (Frauen) beziehungsweise 51 Prozent (Männer). Neben der Pharmakotherapie erhalten Patienten oft Hilfe von Psychotherapeuten. Fachärzte stellten bei 36 Prozent aller Patientinnen und bei 34 Prozent aller Patienten entsprechende Überweisungen aus.
Ein Fazit: „Während mancherorts Studien darauf hinweisen, dass Frauen mehr günstige, ältere Antidepressiva verordnet werden als Männern, stellt sich die heutige Versorgung in Deutschland nach unseren Studienergebnissen im Blick auf die Geschlechter vergleichbar dar, auch wenn der Einsatz neuerer Antidepressiva sicherlich noch gesteigert werden kann“, sagt Professor Dr. Karel Kostev, Senior Research Advisor bei IMS Health. „Die Untersuchung bietet auch eine nützliche Grundlage, um den zukünftigen Bedarf in der Versorgung abzuschätzen und die Versorgung als solche zu optimieren sowie weitere Versorgungsaspekte im Detail zu analysieren.“