Ein Forschungsteam hat bei der Untersuchung von Proben kleinzelliger Lungentumoren zwei neue Möglichkeiten entdeckt, das Absterben der Tumorzellen herbeizuführen.
Die Diagnose eines kleinzelligen Lungenkarzinoms bedeutet trotz vieler Fortschritte in der Behandlung eine besonders schlechte Prognose. Die klassischen Zelltodmechanismen wie zum Beispiel der regulierte Zelltod durch Apoptose sind meist bereits inaktiviert.
Die Tumorzellen können sich also fast unkontrolliert weiter teilen und ausbreiten. Charakteristisch für den kleinzelligen Lungenkrebs ist eine hohe Zellteilungsrate, die zunächst ein gutes Ansprechen einer Chemotherapie verspricht.
„Leider hält der Erfolg der Chemotherapie in vielen Fällen nur kurz an, da die Tumorzellen Resistenzen gegen die Therapie entwickeln. Hinzu kommt, dass ein Tumor nicht nur aus einem, sondern aus verschiedenen Zelltypen, den sogennanten Subtypen besteht, die auf unterschiedlichen Wegen versuchen, der tödlichen Therapie zu entkommen“, sagt Dr. Silvia von Karstedt, Forschungsgruppenleiterin der Universität zu Köln.
Hier setzt ihre Forschung an. Die Biologin versucht, zu verstehen, welche Zelltodmechanismen in den Krebszellen bereits inaktiviert sind und welche noch durch eine gezielte Therapie genutzt werden können, um den Tumor zu töten.
Ausgangsmaterial für die Studie waren Patientenproben, die zum Zeitpunkt der Diagnose entnommen wurden und somit den noch unbehandelten Tumor abbildeten. Um herauszufinden, welche Wege zum Zelltod noch möglich sind, verglich die Forschungsgruppe die Genaktivität zwischen Patientenzellen, die innerhalb und außerhalb des Tumors entnommen wurden.
Die für die klassischen Zelltodmechanismen wichtigen Signalwege waren innerhalb des Tumors bereits zu einem frühen Zeitpunkt vor der Therapie abgeschaltet. Dagegen waren Gene, die für die Aktivierung des eisenabhängigen Zelltods durch oxidative Schäden (Ferroptose) wichtig sind, in den Krebszellen stark aktiviert.
Vereinfacht können die Zellen des kleinzelligen Lungenkrebses in zwei Subtypen eingeteilt werden: die neuroendokrinen Zellen und nicht-neuroendokrinen Zellen.
In der Untergruppe der neuroendokrinen Zellen sind mehr Gene aktiv, die sonst typischerweise in Nervenzellen vorkommen, die Hormone herstellen. Die Zellen des anderen Subtypen haben diese Eigenschaft nicht und werden daher als nicht-neuroendokrine Zellen zusammengefasst.
„Wir konnten in verschiedenen Experimenten zeigen, dass Zellen des nicht-neuroendokrinen Typs mit Hilfe von Buthioninsulfoximin, was Ferroptose auslöst, zum Zelltod gebracht werden können.“ Der Wirkstoff wird bereits in der Krebstherapie in klinischen Studien untersucht.
„Bei Zellen, die zum neuroendokrinen Subtyp gehören, stellten wir fest, dass sie sich mit der Produktion von Antioxidantien vor oxidativem Stress und somit vor Zelltod schützen. Durch die Zugabe des Antioxidantien-Hemmers Auranofin konnten wir jedoch auch diese Zellen abtöten“, erklärt die Doktorandin Christina Bebber, Erstautorin der Arbeit.
Das Goldsalz Auranofin, das die Bildung von schützenden Antioxidantien blockiert, ist seit Jahrzehnten für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen.
Im Hinblick auf eine mögliche Anwendung dieser Erkenntnisse zur Therapie des kleinzelligen Lungenkrebses machten die Biologinnen und Biologen eine wichtige Beobachtung: Wenn sie einen Tumor, der aus Zellen beider Subtypen bestand, nur auf einem der beiden Wege angriffen – also entweder die Ferroptose anschalteten oder die Antioxidanz-Herstellung hemmten – konnten die Krebszellen der tödlichen Therapie ausweichen.
Sie passten ihre Genexpression an, um in den Subtyp zu wechseln, der dem jeweiligen Angriff widerstehen kann. „Durch die Kombinationstherapie haben wir den Tumorzellen diesen Fluchtweg genommen. Das Besondere an der Studie ist ferner, dass wir Medikamente eingesetzt haben, die bereits in weitgehenden klinischen Studien untersucht oder sogar für einen anderen Anwendungsbereich zugelassen sind“, erklärt von Karstedt.
Künftige klinische Studien einer kombinierten Therapie werden klären, inwiefern diese zielgerichtete Therapiemöglichkeit die Prognose einer kleinzelligen Lungenkrebsdiagnose verbessern wird.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität zu Köln. Hier haben wir euch die Originalpublikation verlinkt.
Bildquelle: Nephron, Wiki Commons