Neue Daten zu einer alten Substanz: Wissenschaftler haben jetzt entschlüsselt, warum das Pharmakon zu Hodenanomalien bei männlichen Feten führt. Und die Moral von der Geschicht': Weitere Einschränkungen, sollten werdende Mütter das OTC benötigen.
Paracetamol gilt trotz vielfältiger Bedenken als Klassiker unter den Schmerzmitteln. Mehrere Marktanalysen küren die Substanz zum weltweit am häufigsten verkauften OTC-Analgetikum. Zwei Drittel aller werdenden Mütter in den USA schlucken die Substanz während ihrer Schwangerschaft zumindest ein Mal.
Dass Paracetamol heranwachsenden Kindern schaden könnte, vermuten Health Professionals schon länger. Vor drei Jahren zeigten niederländische Forscher, dass das Risiko eines Kryptorchismus signifikant um bis zu 89 Prozent ansteigt, sollten Schwangere das Analgetikum einnehmen. Als besonders gefährlich gilt das zweite Trimenon – hier laufen wichtige Prozesse der Hodenentwicklung ab. Bei diesen Fehlständen befindet sich der Hoden vorübergehend oder dauerhaft außerhalb des Hodensacks. Manchen Männern droht dauerhafte Infertilität.
Jetzt ist es Rod Mitchell von der Universität Edinburgh gelungen, den Effekt im Tierexperiment zu belegen und damit jedweden Zweifel auszuräumen. Als Basis dienten kastrierte Mäuse, denen Mitchell Hoden von menschlichen Feten unter ihre Haut transplantierte. Dann erhielten die Tiere Paracetamol, um Wirkstoffspiegel zu erzeugen, wie sie bei der Pharmakotherapie vorkommen. Nach siebentägiger Anwendung sank der Testosteronspiegel um 45 Prozent ab. Das Gewicht der Samenblasen verringerte sich um 18 Prozent. Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln.
Ein Blick in die Fachinformation zeigt, warum Paracetamol derart sorglos abgegeben wird. Hinweise auf eine mögliche Fetotoxizität fehlen. Und weiter: Epidemiologische Daten hätten „keinen Hinweis auf mögliche unerwünschte Nebenwirkungen auf die Schwangerschaft oder die Gesundheit des Feten/ Neugeborenen“ gezeigt. Einmal mehr ist es jetzt an Apothekern, vor Paracetamol zu warnen.