Eine häufige Komplikation bei Operationen am offenen Herzen ist das Nierenversagen. Die ischämische Präkonditionierung mit den Proteinen TIMP2 und IGFBP7 aktiviert gezielt den Selbstverteidigungsmechanismus der Nieren und senkt die Komplikationswahrscheinlichkeit.
Akutes Nierenversagen ist eine der häufigsten Komplikationen bei Herzoperationen – die Nieren funktionieren nur eingeschränkt und können Giftstoffe nur noch unzureichend ausscheiden. Prof. Dr. Zarbock der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und sein internationales Team senkten die Komplikationswahrscheinlichkeit nun deutlich, indem sie die Nieren vorwarnten.
"Der Trick ist einfach“, erläutert Zarbock: "Wir täuschen dem Körper eine Verletzung vor, indem wir eine Arterie im Arm des Patienten für wenige Minuten abbinden. Dadurch kann kein Blut mehr in den Unterarm fließen, der Körper schüttet verschiedene Botenstoffe in den Blutkreislauf aus. Die Nieren filtern diese Moleküle heraus, erkennen sie als Alarmsignale für Schäden im Körper und fahren ihre Abwehr hoch.“ Das Verfahren – als ischämische Präkonditionierung (IPC) bekannt – hat sich in einigen Studien bereits bewährt, um Schäden am Herzen bei koronarer Herzkrankheit vorzubeugen. In der aktuellen Studie fand das Team einige Signale, mit denen sich Nierenzellen gegenseitig vor Verletzungen warnen, so Zarbock. "Wir konnten im Urin der vorbehandelten Patienten die Biomarker TIMP2 und IGFBP7 nachweisen. Diese Proteine signalisieren normalerweise, dass die Nieren gestresst sind und nicht richtig funktionieren – in diesem Fall schützten sie allerdings vor Folgeschäden.“ "Das System funktioniert ähnlich wie ein Feuermelder“, erläutert Ko-Autor Dr. John Kellum, Direktor des Zentrums für intensivmedizinische Nephrologie (Nierenheilkunde) der University of Pittsburgh (Pennsylvania/USA): "Feuermelder werden angebracht, um Gebäude und Bewohner zu schützen. Wenn ein Melder schrillt, zeigt das zwar eine gefährliche Lage an – der Alarm selbst wirkt aber positiv. Wir haben es geschafft, ihn auszulösen, bevor das Feuer ausbricht.“
Insgesamt betrachteten die Forscher 240 Herz-OP-Patienten mit hohem Komplikationsrisiko. 38 Prozent der Patienten, deren Nieren vor der Herzoperation auf Verletzungen vorbereitet worden waren, erlitten akutes Nierenversagen; bei den nicht vorbehandelten Patienten waren es 53 Prozent. Die IPC-Patienten verbrachten durchschnittlich einen Tag weniger auf der Intensivstation, nur sechs Prozent von ihnen waren nach der Operation auf eine Dialyse angewiesen – gegenüber 16 Prozent der unvorbehandelten Patienten. Ob die Sterblichkeit nach Herzoperationen durch IPC verringert werden kann, können die Forscher aufgrund der Studiengröße noch nicht sagen. Originalpublikation: Effect of Remote Ischemic Preconditioning on Kidney Injury Among High-Risk Patients Undergoing Cardiac Surgery: Randomized Clinical Trial Zarbock A. et al.; Jama, doi:10.1001/jama.2015.4189; 2015