Sterben wegen des Corona-Virus mehr Menschen als normalerweise? Über diese Frage wird seit Ausbruch der Pandemie gestritten. Antworten liefert das Netzwerk EuroMomo.
Wie heftig die Auwirkungen der Corona-Pandemie tatsächlich sind, lässt sich mit einem Blick auf die Übersterblichkeit besser einschätzen. Einen aktuellen Überblick zur Zahl der Todesfälle in europäischen Ländern und Regionen liefert das Netzwerk EuroMomo (European Mortality Monitoring), das Daten zur Übersterblichkeit veröffentlicht. Seit Kurzem sind auf der Plattform auch Ergebnisse für Deutschland verfügbar.
Jeden Donnerstag werden auf der Homepage die neuen Übersterblichkeitsdaten für insgesamt 29 europäische Länder und Regionen veröffentlicht. Übersterblichkeit liegt vor, wenn deutlich mehr Menschen versterben als in einem bestimmten Zeitraum üblich. EuroMomo wertet dafür die von den Ländern bereitgestellten Daten nach einheitlicher Methodik aus. Für Deutschland kommen die Zahlen vom Robert Koch-Institut (RKI). Insgesamt werden in der wöchentlichen EuroMomo-Analyse jetzt Daten einer Gesamtbevölkerung von 420 Millionen Menschen aus Europa abgedeckt.
Grafik 1: Gepoolte wöchentliche Gesamtzahl der Todesfälle in den datenversorgenden EuroMomo-Partnerregionen aller Altersgruppen. Quelle: EuroMomo
In der gepoolten EuroMomo-Analyse (Grafik 1), die alle beobachteten Länder einschließt, werden Daten aus ganz Deutschland einbezogen. Darin lässt sich die wöchentliche Gesamtzahl der Todesfälle ablesen. Möglich ist es auch, sich ausschließlich die Zahl der Todesfälle in verschiedenen Altersgruppen anzeigen zu lassen.
Im Ländervergleich werden nur die Daten aus den subnationalen Regionen Berlin und Hessen einzeln mit ihren z-Scores angezeigt (Grafik 2). Mit diesem Wert lassen sich verschiedene Mortalitätsraten vergleichen. Je höher der z-Score, umso höher die Übersterblichkeit im Vergleich zum Durchschnitt.
Die Zahlen aus der EuroMomo-Datenbank zeigen: Seit Mitte März 2020 ist die Zahl der Todesfälle in vielen Ländern Europas gleichzeitig angestiegen. Zuvor konnte in keinem der beobachteten Ländern eine Übersterblichkeit erkannt werden. Das änderte sich jedoch in den folgenden Wochen.
Aus den Daten lässt sich erkennen, dass die Übersterblichkeit in den stark vom Coronavirus betroffenen Ländern die Peaks aus heftigen Grippewellen deutlich überschritten hat – wie z.B. in England, Frankreich, Belgien, Spanien und Italien, aber auch in Schweden und der Schweiz.
Aktuell flacht die Kurve ab: Nach einer Phase erheblicher Übersterblichkeit in vielen Ländern sind die Zahlen in der gepoolten EuroMomo-Analyse wieder auf ein normales Niveau zurückgekehrt. In einigen Ländern ist die Sterblichkeit jedoch immer noch zu hoch.
Bei EuroMomo liegen derzeit erste Ergebnisse bis zur 14. Kalenderwoche dieses Jahres vor: Eine mäßige Übersterblichkeit („moderate excess“) wird für Estland angegeben. Für Deutschland wird eine niedrige Übersterblichkeit („low excess“) berichtet, gleiches gilt für Belgien, Griechenland und Italien.
Damit steigt in Deutschland die Zahl der COVID-19-Todesfälle aktuell wieder leicht an. Da die Grippesaison im Winter 2020/2021 äußerst mild verlief, waren die gesamten Sterbefallzahlen trotz der neu auftretenden COVID-19-Todesfälle ab Mitte Februar 2021 unter den Durchschnitt der Vorjahre gefallen. Insbesondere im März 2021 lagen sie deutlich darunter.
Anders sah es von Anfang Dezember 2020 bis Ende Januar 2021 aus: In diesem Zeitraum wird Deutschland bei EuroMOMO eine hohe oder sehr hohe Übersterblichkeit („high excess“ oder „very high excess“) zugeordnet.
Damals habe sowohl die Zahl der COVID-19-Todesfälle als auch die Differenz zum Durchschnitt bei der Gesamtzahl der Sterbefälle ihre bisher höchsten Stände erreicht, wie das Statistische Bundesamt berichtet.
Das Netzwerk schränkt die Aussagekraft aktueller Daten allerdings ein: Alle Statistiken von EuroMomo der letzten drei Wochen sollten erstmal mit Vorsicht interpretiert werden. Das liege vor allem daran, dass die Daten mit einer Verzögerung von wenigen Wochen erfasst werden, da die Todesfälle erst registriert und an das Netzwerk gemeldet werden müssen. Bei Nachmeldungen können sich die Werte dann nochmal verändern.
Bildquelle: Bekky Bekks, unsplash