Droht eine Amputation, dürfen Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom künftig eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Das hat der G-BA entschieden. Was Ärzte dazu jetzt wissen müssen.
Diabetes-Patienten mit einem Diabetischen Fußsyndrom (DFS) sollen vor einer drohenden Amputation an den unteren Extremitäten zukünftig eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen dürfen. Ein überarbeiteter Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wird voraussichtlich im Frühling in Kraft treten. Der G-BA-Beschluss legt zudem fest, dass Fachärzte aus acht Fachrichtungen als Zweitmeiner die medizinische Notwendigkeit des geplanten Eingriffs überprüfen dürfen, sofern sie zusätzliche Qualifikationen nachweisen
Für einen rechtlichen Anspruch auf eine solche Zweitmeinung hatte sich die Arbeitsgemeinschaft „Diabetischer Fuß“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) seit Jahren eingesetzt. Sie sieht mehrere Vorteile: Es entlastete nicht nur Patienten, sondern helfe auch den behandelnden Ärzten, die diese schwerwiegenden Entscheidungen treffen müssen.
Hierzulande werden jährlich bis zu 50.000 Amputationen aufgrund eines diabetischen Fußsyndroms (DFS) – eine der häufigsten Folgeerkrankungen bei Diabetes – vorgenommen. Die Arbeitsgemeinschaft „Diabetischer Fuß“ begrüßt den Entschluss. „Wir betrachten die G-BA-Entscheidung als vollen Erfolg“, sagt Vositzender Dr. med. Michael Eckhard. „Der Rechtsanspruch auf die Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung soll Betroffene unterstützen, eine Entscheidung zur möglichen Auswahl vorgeschlagener Behandlungsmöglichkeiten zu treffen und damit gegebenenfalls eine medizinisch nicht gebotene Amputation zu vermeiden“, erklärt der Diabetologe.
Einen Antrag auf Zulassung zum Zweitmeinungsverfahren zu einem möglichen Amputationserfordernis aufgrund eines DFS können grundsätzlich Fachärzte aus acht Disziplinen stellen. Dazu gehören folgende Fachrichtungen:
Außerdem wird es möglich sein, auch Angehörige nichtärztlicher Fachberufe in die Zweitmeinungsberatungen einzubeziehen, die zum multiprofessionellen Behandlungsteam von Menschen mit DFS gehören. Dazu zählen unter anderem Podologen, Orthopädieschuhmacher sowie Orthopädietechniker und Orthopädiemechaniker. Von allen Zweitmeinern wird der Nachweis einer besonderen Kompetenz gefordert, die zeigt, dass sie „für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms besonders qualifiziert sind, und dass deren Expertise bei Abgabe der Zweitmeinung bei Bedarf genutzt werden kann“, so der Wortlaut des Beschlusses.
Als besonders qualifiziert gilt laut der Zweitmeinungsrichtlinie, wer mindestens bereits fünf Jahre regelmäßig aktiv in der Versorgung von Patienten mit DFS tätig ist und so mindestens 30 DFS-Patienten in einem multidisziplinären Setting behandelt. „Der künftig geforderte Nachweis dieser besonderen Expertise für das DFS ist sehr zu begrüßen, weil allein der Erwerb eines Facharztstatus noch lange nicht Beleg dafür ist, dass jemand wirklich über eine besondere Qualifikation in diesem speziellen Teilbereich verfügt“, so Eckhard. Die Zweitmeinungsrichtlinie zur Amputation bei DFS muss nun noch durch das Bundesgesundheitsministerium ratifiziert werden, was als Formalie gilt.
Muss ein Zeh, ein Teil des Fußes oder gar ein ganzes Bein aufgrund eines DFS amputiert werden, ist dies nicht nur für betroffene Patienten, sondern auch für behandelnde Ärzte belastend. „Deshalb begrüßen auch wir diesen Beschluss, denn so schwerwiegende Entscheidungen sollten nicht von einem Arzt allein getragen werden“, erklärt PD Dr. med. Kilian Rittig, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes & Angiologie“ der DDG.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft.
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