Gegenüber den Corona-Varianten aus Nerzen bietet eine durchgemachte Infektion keinen vollständigen Schutz. Welche Rolle andere Tiere bei der Übertragung spielen, ist nach wie vor unklar.
Bereits vor etwa einem Jahr wurde beobachtet, dass sich Nerze mit SARS-CoV-2 infizieren können. Das Virus war von Menschen auf die gezüchteten Tiere übertragen worden und veränderte sich dort. Es entstanden Mutationen im Spike-Protein, welches für den Eintritt des Virus in die Wirtszellen ausschlaggebend ist und den zentralen Angriffspunkt für Antikörper darstellt. Diese SARS-CoV-2-Varianten aus Nerzen wurden zurück auf den Menschen übertragen und gaben Anlass zur Sorge, dass Nerze eine ständige Quelle für die Infektion des Menschen mit Corona-Varianten mit veränderten biologischen Eigenschaften sein könnten.
Forschende des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen konnten jetzt zeigen, dass ein für die COVID-19-Therapie eingesetzter Antikörper nicht in der Lage ist, SARS-CoV-2 mit einer in Nerzen erworbenen Mutation wirksam zu hemmen. Zudem verminderte die Mutation die Hemmung des Virus durch Antikörper, die nach einer durchgemachten Infektion gebildet wurden. Diese Ergebnisse zeigen, dass SARS-CoV-2 in Nerzen Mutationen erwerben kann, die die Bekämpfung des Virus durch das Immunsystem des Menschen erschweren.
Mittlerweile sind durch die pandemische Ausbreitung des Coronavirus und seiner Begleiterkrankung COVID-19 laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit mehr als drei Millionen Menschen gestorben. Die Übertragung des Virus von Tier zu Mensch gilt als Ursprung der Pandemie. Im April 2020 entwickelten Nerze in niederländischen Nerzfarmen Atemwegserkrankungen aufgrund einer Infektion mit SARS-CoV-2, das nachweislich von infizierten Farmarbeitern auf die Tiere übertragen wurde. Das Virus mutierte in den Nerzen und verschiedene Virusvarianten entstanden, die wieder zurück auf die Farmarbeiter übertragen und dann auch von Mensch zu Mensch weitergegeben wurden. Auch in Dänemark wurde diese Beobachtung gemacht und Millionen von Nerzen wurden getötet, um die Übertragung neuer Virusvarianten auf den Menschen zu verhindern.
Das Spike-Protein in der Hülle von SARS-CoV-2 ist verantwortlich für den Eintritt des Virus in die Zellen, in denen es sich vermehrt. Die Forschenden um Markus Hoffmann und Stefan Pöhlmann vom Deutschen Primatenzentrum haben verschiedene Mutationen untersucht, die im Spike-Protein von SARS-CoV-2 aus Nerzen nachgewiesen wurden, unter anderem die Mutation Y453F. Die Forschenden wollten herausfinden, welche Auswirkungen diese Mutation auf die Hemmung des Virus durch Antikörper hat, die für die COVID-19-Therapie eingesetzt werden beziehungsweise die in COVID-19-Patient*innen gebildet werden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass einer von zwei Antikörpern aus einem für die COVID-19-Therapie eingesetzten Antikörpercocktail die Virusvariante mit der Y453F-Mutation nicht mehr effizient hemmt. Außerdem demonstriert unsere Studie, dass die Y453F-Mutation die Hemmung des Virus durch Antikörper reduziert, die von COVID-19-Patient*innen gebildet wurden. Das bedeutet, dass Menschen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, einen reduzierten Schutz gegen die Nerz-Varianten des Virus aufweisen könnten“, sagt Hoffmann, der Erstautor der Studie.
SARS-CoV-2 kann sich also in Nerzen so verändern, dass die Immunkontrolle durch Antikörper erschwert wird. Ob dies auch in anderen Tieren möglich ist, auf die das Virus durch infizierte Personen übertragen wird, ist gegenwärtig unklar. „In der Zwischenzeit ist die Y453F-Mutation auch im Menschen aufgetreten, aber nicht durch eine Infektion mit einer der Nerz-Varianten. Wenn sich das Virus längere Zeit in Menschen vermehrt, die ein schwaches Immunsystem haben, können resistente Varianten entstehen. In diesem Fall war die Resistenz-vermittelnde Mutation identisch mit der, die in den Nerzen beobachtet wurde“, sagt Pöhlmann.
Die Studie findet ihr hier und im Text verlinkt. Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung.
Bildquelle: Jo-Anne McArthur, unsplash