Sind im Körper eines Patienten keine für einen Bypass geeigneten Gefäße vorhanden, ist das ein Problem. Ein neuartiger 3D-Biodrucker könnte es jetzt lösen.
Gemeinsam mit seinem Team gelang es dem Kieler Gefäßchirurgen Dr. Rouven Berndt, den Prototypen eines neuartigen 3D-Biodruckers zu entwickeln. Damit können feine Blutgefäße für Bypass-Implantate erzeugt werden. „Insbesondere bei Herzpatienten, die keine geeigneten körpereigenen Venen für die Gewinnung eines Bypass-Gefäßes aufweisen, könnte dieses neue Verfahren ein enormer Fortschritt für die Herz-Bypass-Chirurgie bedeuten, besonders in puncto Patientensicherheit“, betont Prof. Armin Welz, Herzchirurg und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF).
Bypass-Operationen sind mittlerweile Routineeingriffe; pro Jahr legen Herzchirurgen hierzulande rund 45.000 Bypässe. Das Problem: Bei circa 20 Prozent der Betroffenen, die eine Bypass-Operation benötigen, sind keine geeigneten körpereigenen Gefäße vorhanden. „Besonders schwerwiegend ist dieses Problem bei Patienten, die sich einem erneuten Eingriff unterziehen müssen“, erklärt Berndt. „Viele Patienten bringen auch Venenerkrankungen wie zum Beispiel Krampfadern mit, so dass wir gar nicht genügend Material haben, um alle Engstellen zu behandeln.“
Dazu kommt: Fast die Hälfte der Venenbypässe sind nach zirka zehn Jahren verengt oder verschlossen. Werden bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) zum Beispiel die Arterien des Beckens und der Beine mit einem Bypass aus Kunststoff überbrückt, sind diese bei bis zu 40 Prozent der Betroffenen nach drei bis fünf Jahren erneut verstopft.
Vor diesem Hintergrund hat der Kieler Herzspezialist gemeinsam mit einem Team aus Medizinern, Biologen und Ingenieuren der Technischen Hochschulen in Kiel und Hamburg den Prototypen eines 3D-Biodruckers entwickelt. Mit dem neuartigen Gerät gelingt es, feine Blutgefäße zu erzeugen. Die Wissenschaftler in seinem Team besitzen bereits Erfahrung in der Stammzellforschung, Zelltherapie und Bioengineering in der Herz- und Gefäßmedizin. „Der von uns entworfene Druckkopf kann einen Schlauch aus körpereigenen lebenden Endothel- und Muskelzellen drucken“, sagt der Gefäßchirurg und Leiter des Projektes.
Kurz zur Erklärung: Die hauchdünnen flachen Endothelzellen kleiden die Gefäße von innen aus. Die darüber liegenden Muskelzellen sorgen dafür, dass sich Gefäße zusammenziehen und weiten können. Das sind wichtige Eigenschaften, die dafür sorgen, dass Bypässe lang bestehen und offenbleiben. „Der erzeugte Schlauch hat die erforderliche dünne Gefäßwand und einen Durchmesser von vier bis sechs Millimeter“, kommentiert Berndt. Gerade die Herstellung von vergleichsweise kleinen künstlichen Bypässen sei in der Herz- und Gefäßchirurgie immer ein Heiliger Gral, weil die meisten Materialien nicht geeignet erscheinen und es zu frühzeitigen Verschlüssen kommen kann. In Laborexperimenten haben sich die gedruckten Gefäße bereits bewährt.
Der von den Forschern entwickelte Prototyp des Biodruckers soll nun von einem Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrt industriell hergestellt werden. Denn bisherige kommerziell verfügbare Biodrucker sind zum Beispiel nicht in der Lage, Gefäß-Transplantate in der für Bypässe häufig erforderlichen Gesamtlänge von 30 bis 40 Zentimetern zu erzeugen.
Auch wollen die Wissenschaftler in dem Forschungsprojekt untersuchen, ob die gedruckten Blutgefäße langfristig in das bestehende Gefäßsystem biologisch integriert werden. Ein weiteres Ziel: Blutgefäße sowohl für eine Bypass-Operation des Zellspenders zu drucken als auch für andere Empfänger. „Verschiedene Zelllinien kann man genetisch so verändern, dass sie bestimmte Merkmale und Eigenschaften nicht entwickeln und so nicht als körperfremd erkannt werden“, so Berndt.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung.
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