Rund 88 Prozent der Brustkrebs-Patientinnen überleben die gefährliche Krankheit – oftmals mit Einschränkungen. Eine neue Studie ergab: Etwa die Hälfte macht nach der Diagnose mindestens eine berufliche Veränderung durch.
Brustkrebs ist die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen. Allein in Deutschland werden jährlich fast 70.000 Fälle diagnostiziert. Studien zeigen, dass nach fünf Jahren die Überlebensrate bei 88 Prozent liegt. „Die Rückkehr an den Arbeitsplatz ist wichtig – als ein Stück Normalität und Sinnstiftung nach krebsbedingter Krise”, sagt die Soziologin Kati Hiltrop von der Forschungsstelle für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Bonn (UKB).
Doch nach einer Brustkrebsdiagnose und einer erfolgreichen Behandlung kommt es häufig zu langfristigen Einschränkungen wie dem Fatigue-Syndrom, einem Gefühl von anhaltender Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit. Auch weitere Folgen der Chemotherapie und die Angst, dass der Krebs wieder zurückkehrt, können die Leistungsfähigkeit einschränken.
„Hierzu gibt es zahlreiche Erhebungen. Unsere Langzeitstudie fokussiert nun auf die Phase nach der Rückkehr aus der Patientinnenperspektive”, sagt Hiltrop. Zusammen mit der Leiterin der Forschungsstelle, Prof. Nicole Ernstmann, die auch Mitglied im transdisziplinären Forschungsbereich Leben und Gesundheit der Universität Bonn ist sowie der Deutschen Krebsgesellschaft, untersuchte die Soziologin über einen Zeitraum von fünf bis sechs Jahren nach der Diagnose, wie es insgesamt 184 ehemaligen Brustkrebspatientinnen nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz erging.
Im Mittelpunkt der Studie stand, wie zufrieden die Patientinnen mit ihrer beruflichen Entwicklung seit der Diagnose waren. Etwa die Hälfte erlebte im Beobachtungszeitraum mindestens eine berufliche Veränderung. „Das Hauptergebnis ist, dass wir keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl der beruflichen Veränderungen und der Zufriedenheit gefunden haben, eine höhere Unfreiwilligkeit der Veränderungen aber mit geringerer Zufriedenheit einherging“, sagt Hiltrop.
„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Qualität der Veränderungen mehr als die Quantität zählt.“ Rund 16 Prozent der beruflichen Veränderungen geschahen nicht aus freien Stücken. Zu diesen Veränderungen zählten zum Beispiel eine höhere Arbeitsbelastung, ein erhöhter Arbeitsumfang oder der Renteneintritt. Die Ergebnisse legen nahe, dass die ehemaligen Brustkrebspatientinnen nach der Rückkehr Schwierigkeiten haben, die beruflichen Anforderungen langfristig zu erfüllen und es folglich zu beruflichen Veränderungen kommt.
Was zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz beiträgt, zeigen die Ergebnisse des Forschungsteams. „Ein vertrauensvolles Arbeitsumfeld sowie den Patientinnen Verständnis und Unterstützung entgegen bringen, kann eine zufriedenstellende Rückkehr zur Arbeit begünstigten”, erläutert Hiltrop. Dies kann zur Vermeidung von unfreiwilligen beruflichen Veränderungen, die als besonders einschneidend wahrgenommen werden, beitragen. Die Forschenden leiten aus den Ergebnissen ab, dass für eine zufriedenstellende Rückkehr und besonders den Verbleib im Beruf langfristige Unterstützung notwendig ist, etwa weil Chemotherapien und Nachsorge fortgeführt, die Angst vor einem Wiederaufflammen des Tumors besteht oder mit Fatigue-Symptomen umgegangen werden muss.
Bei der aktuellen Untersuchung handelt es sich um eine Folgestudie des Projekts „Strengthening patient competence: Breast cancer patients' information and training needs“ (PIAT), bei dem rund 1.000 Brustkrebspatientinnen befragt wurden. Die Forschenden befragten die PIAT-Teilnehmerinnen fünf bis sechs Jahre nach der Diagnose erneut. Zu vier Messzeitpunkten wurde in Umfragen und Interviews ergründet, wie nach subjektiver Einschätzung der Gesundheitszustand war, wie häufig es zu beruflichen Veränderungen kam und wie erfüllend der Job war. Außerdem wurden sozioökonomische Daten, wie etwa Alter, Anzahl der Kinder und Bildung, abgefragt.
Je höher das Alter und je besser das subjektive Gesundheitsempfinden und je freiwilliger die beruflichen Veränderungen erfolgten, desto größer war die Zufriedenheit mit der beruflichen Entwicklung.
„Offene Kommunikation mit Vorgesetzten sowie Kolleginnen und Kollegen über Erwartungen und das, was geleistet werden kann, ist sehr wichtig”, sagt Hiltrop. Je flexibler zudem mit der Situation umgegangen werde, desto größer sei in der Regel die Chance, dass die Patientinnen nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz zufrieden sind.
Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt. Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Bildquelle: Javier Allegue Barros, unsplash