Tägliche Schnelltests statt 10 Tage Quarantäne – das könnte womöglich bald der britische Weg sein. Forscher prüfen derzeit, wie effektiv Selbsttests die häusliche Isolation verkürzen können.
In einer Studie unter der Leitung der britischen Gesundheitsbehörde Public Health England und des staatlichen Früherkennungssystems NHS Test and Trace sollen sich 40.000 Menschen, die Kontakt zu einer SARS-CoV-2-positiven Person hatten, täglich selbst auf das Coronavirus testen. Hierbei sollen Erkenntnisse über sichere Alternativen zur Selbstisolation gewonnen werden. Eine Verkürzung der Selbstisolation könnte dazu beitragen, dass Einzelpersonen früher an ihre Arbeitsplätze zurückkehren und sich, unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen, auch sonst wieder frei bewegen können.
Die Studie baut auf diversen Pilotprojekten auf, die bereits in Unternehmen, Krankenhäusern und Schulen in Großbritannien stattfanden. Seit Dezember haben über 200 Schulen, 180 Firmen und über 800 Einzelpersonen teilgenommen. Vieles deutet mittlerweile darauf hin: Wer täglich testet, kann die Dauer der Selbstisolation möglicherweise relativ pandemiesicher reduzieren.
Derzeit muss sich jeder, der durch das britische Früherkennungssystem NHS Test and Trace als Kontaktperson eines SARS-CoV-2-Infizierten benachrichtigt wurde, für 10 Tage selbst isolieren. Für diese Kontaktpersonen ohne Symptome soll nun durch die neue Studie herausgefunden werden, ob ein täglich durchgeführter Schnelltest die Notwendigkeit der Selbstisolierung ersetzen könnte.
Das Ganze soll wie folgt ablaufen: Enge Kontaktpersonen von Menschen mit positivem SARS-CoV-2-Status werden telefonisch kontaktiert und erhalten Lateral Flow Tests (LFDs) für 7 Tage. Sie werden aufgefordert, sich über eine Woche lang jeden Morgen selbst zu testen. Personen, deren Test negativ ist und die keine Symptome entwickeln, sind von der gesetzlichen Pflicht zur Selbstisolierung an diesem Tag befreit und können ihr Haus verlassen, um wesentliche Tätigkeiten wie Einkaufen zu verrichten. Sie müssen sich aber am nächsten Morgen erneut testen, um festzustellen, ob sie weiterhin negativ sind.
Die Studie wird in Form von zwei zufällig aufgeteilten Gruppen durchgeführt, von denen die eine zunächst eine PCR-Diagnostik erhält und dann aufgefordert wird, sich über den gesamten Zeitraum von 10 Tagen selbst zu isolieren. Die zweite Gruppe von Teilnehmern erhält zwei PCR-Tests und 7 LFDs, die sie täglich selbst durchführen soll.
Der Arzt Michael Mina, auch Epidemiologe und Immunologe an der Harvard Medical School, ist von dem Ansatz überzeugt. Er schreibt auf Twitter: „Ich setze mich schon seit einem Jahr für eine solche Studie ein.“
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Er erklärt weiter: „Quarantänen fordern einen hohen Tribut von den Menschen. Physisch und emotional. Die meisten Kontaktpersonen in Quarantäne werden selbst nie positiv – und auf jeden Positiven kommen mehrere solcher Kontaktpersonen.“
Die Quarantäne eines nicht Infizierten solle mit der gleichen Sorge betrachtet werden wie falsch-positive Fälle – und diese hätten schließlich eine Menge Aufmerksamkeit bekommen, so der Mediziner. „Aber im Gegensatz zu einem falsch-positiv Getesteten könne man derzeit – im Regelfall – keinen ‚Bestätigungstest’ bekommen, um von der Quarantäne befreit zu werden.“
Obwohl er sehr für Antigen-Schnelltests sei, würde er es vorziehen, wenn schnelle molekulare (Vorort-) Tests für diesen speziellen Zweck verwendet würden – zumindest für nicht geimpfte Kontaktpersonen, die bei Freigang mit Hochrisikopersonen oder Ungeimpften in Kontakt kommen. Der molekulare Schnelltest schlage etwa 15 Stunden früher an als der Antigen-Schnelltest. Daher, so Mina, wäre er prinzipiell besser geeignet.
Die Vorteile der molekularen Diagnostik würden allerdings zunichte gemacht, wenn es sich nicht um einen Schnelltest, sondern um einen gewöhnlichen PCR-Test mit 24 Stunden Zeitverzögerung bis zum Ergebnis handele. In dem Fall sei der tägliche Antigen-Test die bessere Wahl. Eventuell könnten die ersten 3 bis 5 Tage zwei Antigentests pro Tag genutzt werden, um die Sicherheit zu erhöhen.
Am Ende seines Threads erklärt er außerdem: „Wir haben in kleineren, vorläufigen Studien festgestellt, dass Schnelltests für ein Freitesten aus der Quarantäne gut funktionieren KÖNNEN.“ Er setzt deswegen große Hoffnungen in die Public Health England-Studie, die die Frage jetzt definitiv beantworten soll. Prinzipiell hält er den Ansatz für effektiver als eine normale Selbstisolation. Der Grund: Viele halten sich ohnehin nicht an die Quarantäne und Freigang mit Testen wäre dann jedenfalls besser als Freigang ohne Testen.
Bildquelle: Emanuela Picone, unsplash