Hausärzte wissen: Hypertoniker, die Hydrochlorothiazid einnehmen, haben ein erhöhtes Risiko für Hautkrebs. Aber wie hoch genau? Eine Studie liefert jetzt eine konkrete Zahl, die es in sich hat.
Die potenzielle Kanzerogenität von Hydrochlorothiazid (HCT) verunsichert manche Hausärzte. Immerhin ist es ein besonders häufig verschriebenes Arzneimittel in der Hypertonie-Therapie. In früheren Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, dass die Einnahme das Risiko für bösartige Hautveränderungen erhöht. Deswegen wurde schon 2018 ein Rote-Hand-Brief wegen eines erhöhten Risiko für Basaliome und Plattenepithelkarzinome unter HCT veröffentlicht.
Eine neue Studie liefert jetzt genauere Daten: Vor allem bei langjähriger Einnahme steigt die Gefahr an Basaliome, Plattenepithelkarzinomen und Melanomen zu erkranken, so das Ergebnis. Wer zum Beispiel über zehn Jahre täglich 25 Milligramm HCT einnimmt, hat laut Studie ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko für weißen Hautkrebs. Für Patienten, die das Mittel in gleicher Dosis über zwanzig Jahre nehmen, soll es sogar um 75 Prozent erhöht sein.
Für die aktuelle Kohorten-Studie wurden Daten von 302.634 Patienten im Alter von 66 Jahren oder älter ausgewertet, die zwischen 1998 und 2017 in Ontario ein blutdrucksenkendes Medikament eingenommen hatten. Sie wurden mit 605.268 Personen in der Kontrollgruppe verglichen, die keine Antihypertensiva einnahmen. Die am häufigsten verschriebenen Medikamentenklassen waren ACE-Hemmer (37 %), gefolgt von Thiaziddiuretika (29 %), Betablockern (23 %), Kalziumkanalblockern (17 %) und ARBs (9 %).
Es zeigte sich, dass vor allem Thiaziddiuretika zu einem verstärkten Aufkommen bestimmter Hautkrebsformen beitrugen. Eine höhere kumulative Exposition (Einnahme der Medikamente über einen längeren Zeitraum) war in der Studie mit einem erhöhten Hautkrebs-Risiko verbunden.
Bei den vier anderen Blutdruckmedikamenten konnte kein Zusammenhang festgestellt werden. Die Autoren intrepretieren ihre Ergebnisse folgendermaßen: Der fehlende Zusammenhang bei den anderen blutdrucksenkenden Wirkstoffklassen deute darauf hin, dass die Phototoxizität von Hydrochlorothiazid – ähnlich wie bei Tetracyclin – tatsächlich für das erhöhte Risiko verantwortlich ist.
„Natürlich sollte man nun nicht bei allen Patienten die Thiaziddiuretika absetzen“, sagt Erstautor Aaron Drucker zu U.S. News & World Report. Bei Patienten, die die Arznei nur ein paar Jahre lang einnehmen, sei der Einfluss auf das Risiko für bösartige Hautveränderungen nicht groß, so seine Einschätzung. Drucker: „Unsere Studienergebnisse sollten eher als Hinweis für Menschen mit erhöhtem Hautkrebsrisiko verstanden werden, etwa für Menschen mit sehr heller Haut oder Menschen, die in der Vergangenheit häufig sonnenbedingte Hautschäden erlitten haben.“ Angesichts der Ergebnisse sollten Hausärzt bei diesen Personen über die mögliche Einnahme alternative Blutdrucksenker sprechen, vor allem wenn es um langfristige Medikaktion geht.
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