Eine Studie zeigt: Demenz-Patienten haben eine überwiegend gute Lebensqualität. Wissenschaftlerinnen haben Betroffene und Angehörige befragt und geben praktische Empfehlungen zur Unterstützung.
Demenz trifft nicht nur Senioren. Es gibt auch früh beginnende Formen der Erkrankung, die bereits bei Menschen ab 40 Jahren auftritt. Allein in Deutschland leiden mehr als 20.000 Personen zwischen 40 und 65 an einer Demenz.
In einer Studie verglichen die Wissenschaftlerinnen Prof. Janine Diehl-Schmid, Dr. Julia Hartmann und Dr. Carola Roßmeier erstmalig Betroffene mit früh und spät beginnender Demenz. Dazu untersuchten sie fast 200 Menschen mit fortgeschrittener Demenz im Heim und zu Hause. Eine Hälfte von ihnen litt an früh beginnender, die andere an spät beginnender Demenz. Außerdem wurden Hinterbliebene von kürzlich verstorbenen Menschen mit Demenz befragt.
Ein Ergebnis der Studie ist, dass die Lebensqualität der Menschen in fortgeschrittenen Stadien der Demenz überwiegend gut war und zwar unabhängig davon, ob sie an einer früh oder spät beginnenden Demenz litten oder ob sie zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung betreut wurden.
Damit konnte die Annahme widerlegt werden, dass Menschen mit früh beginnender Demenz in unserem Gesundheitssystem, das auf Ältere zugeschnitten ist, weniger gut versorgt sind.
Am Lebensende gab es nur geringe Unterschiede zwischen Patient*innen mit früh und spät einsetzender Demenz. Menschen mit früh beginnender Demenz hatten weniger physische Begleiterkrankungen und wurden in den letzten drei Lebensmonaten seltener in ein Krankenhaus eingewiesen.
Insgesamt wurden 38 % der an Demenz Erkrankten in den letzten drei Lebensmonaten mindestens einmal stationär behandelt. Die Angehörigen erlebten die Krankenhausaufenthalte sehr unterschiedlich – von „katastrophal“ bis „außerordentlich positiv“. Letzteres war vor allem in demenzfreundlichen Krankenhäusern und Stationen mit palliativer Expertise sowie der Möglichkeit zum Rooming in für Angehörige der Fall.
Die Studie identifizierte einzelne Betroffene, die unter Beschwerden wie Angst, Unruhe oder Schmerzen litten. Überdurchschnittlich häufig betroffen waren jüngere Patient*innen, die zum Zeitpunkt der Erfassung nicht älter 65 Jahre waren. Offensichtlich blieb das Leiden dieser Menschen entweder unerkannt oder wurde nicht ausreichend medikamentös behandelt.
Auf der anderen Seite wurden 40 % der Untersuchten mit Psychopharmaka behandelt. Hier zeigte sich, dass diese Medikamente häufig eher großzügig verordnet wurden, ohne dass im Verlauf geprüft wurde, ob sie überhaupt noch nötig sind. Interessanterweise hatten nur die Betroffenen mit früh beginnender Demenz bei einer antipsychotischen Therapie eine schlechtere Lebensqualität.
Die Qualität des Sterbens unterschied sich zwischen den einzelnen Patient*innen deutlich. In 60 % der Fälle gaben die Angehörigen an, die Patient*innen seien „friedlich“ verstorben. Bei den anderen 40 % lagen jedoch deutlich belastende Symptome vor. Am häufigsten wurden Kurzatmigkeit und Unbehagen angeführt.
Was die Sterbequalität anging, konnten die Wissenschaftlerinnen keine Unterschiede zwischen den Gruppen mit früh oder spät beginnender Demenz ausmachen. Auch ob die Patient*innen in ihrer gewohnten Umgebung oder im Krankenhaus starben, machte keinen Unterschied. Die meisten Demenzkranken, die am Lebensende in einer Pflegeeinrichtung lebten, starben dort. Hingegen wurden 38 % der Menschen mit Demenz in häuslicher Versorgung vor ihrem Tod in ein Krankenhaus eingewiesen.
Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass Angehörige zu wenig professionell unterstützt und begleitet wurden, um den Betroffenen ein friedvolles Sterben zu Hause zu ermöglichen. Die bei der Studie befragten pflegenden Angehörigen von Menschen mit fortgeschrittener Demenz zu Hause klagten häufig über zu wenig professionelle Hilfe und Überforderung.
Nicht zuletzt wurde in der Studie auch die gesundheitliche Vorsorgeplanung der Demenzkranken untersucht. Mehr als zwei Drittel der Betroffenen hatten zwar eine Patientenverfügung, überraschenderweise lagen jedoch nur bei rund einem Drittel der Patient*innen zusätzliche Dokumente zur gesundheitlichen Vorausplanung vor. Dazu zählen Therapiezielpläne, Krisenpläne und andere Anweisungen, etwa „nicht reanimieren“, „keine Krankenhauseinweisung“.
Die Wissenschaftlerinnen leiteten folgende Empfehlungen aus ihren Ergebnissen ab.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Klinikums rechts der Isar und der Technischen Universität München. Hier und hier könnt ihr die Originalpublikationen nachlesen.
Bildquelle: Steven HWG, unsplash.