Stickstoffdioxid ist für Menschen nicht gesund – das ist klar. Aber begünstigt das Gas auch die Entstehung von Parkinson? Dazu liegen nun neue Daten vor. Aber es gibt gleich vier Haken an der These.
Ein Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und verschiedenen Krankheitsbildern liegt nahe und ist teilweise bereits gut belegt. Neben Atemwegserkrankungen stehen zum Beispiel Alzheimer und Schlaganfälle offenbar in Verbindung mit Verunreinigungen durch Stickstoffdioxid in der Luft. Auch in Bezug auf Parkinson wird das immer wieder untersucht, mit wechselnden Ergebnissen. Tatsächlich scheint sich die derzeitige Studienlage recht ausgewogen zwischen pro und contra eingependelt zu haben. Eine neue Arbeit könnte das jetzt ändern: Jo et al. machen im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie NO2 als Ursache für ein erhöhtes Parkinsonrisiko fest.
Für die Studie wurden ca. 80.000 Südkoreaner (Alter > 40 Jahre), die zwischen 2002 und 2006 in Seoul gelebt hatten, untersucht. Zwischen 2007 und 2015 wurde bei mehr als 300 Personen der Kohorte Parkinson diagnostiziert. Das Risiko, an Parkinson zu erkranken, sei in Gebieten, die besonders stark durch hohen Straßenverkehr und fossil befeuerte Kraftwerke verschmutzt waren, um etwa 40 Prozent erhöht. Als Vergleich zogen die Forschenden Daten der weniger stark belasteten untersuchten Gegenden heran. Als Verschmutzung wurden verschiedene Schadstoffe und Feinstaub gewertet (PM2.5, PM10, NO2, O3, SO2, and CO).
Nur für Stickstoffdioxid konnten die Studienautoren einen Zusammenhang mit erhöhtem Parkinsonrisiko herstellen. Daraus leiten sie die problematische Folgerung ab, dass für die anderen Verunreinigungen der Luft keine solche Verbindung bestehe. In einem Kommentar, der zur Studie in JAMA erschienen ist, halten Experten fest: „Es ist besorgniserregend, dass sie [die Autoren] schlussfolgern, dass eine Assoziation nicht festzustellen das Gleiche sei wie keine Assoziation.“
Zwar habe schon 2016 eine Studie aus Dänemark ebenfalls diesen Zusammenhang postuliert, doch die besondere Schwierigkeit der Datenerfassung müsse auch hier berücksichtig werden. Denn es gibt vier Probleme:
Dennoch trage die südkoreanische Studie zu einer wachsenden Zahl an möglichen Belegen für einen Zusammenhang zwischen hoher NO2-Belastung und einem erhöhten Parkinsonrisiko bei, so die Experten abschließend. Noch sei allerdings auch unklar, wie genau Stickstoffdioxid die Erkrankung begünstigen könnte. Eine These ist, dass der direkte toxische Effekt des Gases oder aber ultrafeine Partikel verantwortlich sind. Beides könnte eine Neuroinflammation triggern und damit eine Degeneration begünstigen.
Auch der Verlust des Geruchsinns, der häufig mit einer beginnenden Parkinson-Erkrankung einhergeht, könne sich damit erklären lassen. Denn laut einer Hypothese beginnt die Parkinson-Erkrankung schon außerhalb des Gehirns. Da sich in pathologischen Studien des Bulbus olfactorius von Parkinson-Patienten häufig fehlgefaltete α-Synucleine finden und die ebenfalls dort festgestellten Lewy-Körper denen in den Basalganglien vorausgehen, scheint ein Zusammenhang wahrscheinlich.
Weitere Forschungsarbeiten werden nötig sein, aber dass Parkinson seit Jahren weltweit auf dem Vormarsch ist – und zwar besonders in Industrienationen, die durch starke Luftverschmutzung geprägt sind – steht außer Frage. Diese Korrelation auf einen möglichen belegbaren Zusammenhang zu untersuchen, erscheint im Licht der von Jo et al. vorgelegten Arbeit umso dringlicher.
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