Bei Bluthochdruck könnte Intervallfasten die ideale Ernährungsform sein. Entscheidend scheinen hier bestimmte Veränderungen des Darmmikrobioms zu sein, wie eine Studie zeigt.
Erhöhter Bluthochdruck spielt insbesondere bei Erwachsenen eine große Rolle – er kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Niereninsuffizienz führen. Jährlich können etwa 9,4 Millionen Todesfälle auf erhöhten Blutdruck zurückgeführt werden. Laut Robert-Koch-Institut ist Hypertonie damit der wichtigste veränderbare Risikofaktor für Mortalität, da sie meist auf mangelnde Bewegung, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Stress sowie erhöhten Alkoholkonsum zurückzuführen ist.
Eine Forschergruppe des Baylor College of Medicine in den USA befasste sich in einer präklinischen Studie mit dem Einfluss eines gestörten Darmmikrobioms, bekannt als Dysbiose, als zugrundeliegenden Faktor für Bluthochdruck im Tiermodell. Forschern ist schon länger bekannt, dass zwischen der Zusammensetzung des Darmmikrobioms und der Entwicklung von Bluthochdruck ein Zusammenhang besteht.
Die Wissenschaftler konnten bereits in einer früheren Studie beweisen, dass die Transplantation von dysbiotischem Darmmikrobiom eines an Bluthochdruck leidenden Tieres in ein Gesundes dazu führt, dass das gesunde Tier ebenfalls Bluthochdruck entwickelt. „Dieses Ergebnis zeigte uns, dass Darmdysbiose nicht nur eine Konsequenz der Hypertonie ist, sondern auch maßgeblich an der Entstehung beteiligt ist“, so Dr. David J. Durgan, Assitenz-Professor der Anästhesiologie am Baylor College und Co-Autor.
In ihrer Studie befasste sich die Forschergruppe mit zwei Fragen: „Können wir das dysbiotische Mikrobiom so manipulieren, dass entweder Hypertonie vermieden oder gesenkt wird? Zweitens, wie beeinflussen die Darmmikroorganismen den Blutdruck der Tiere?“. Dazu wurde zunächst die Wirksamkeit des Intervallfastens bei der Veränderung des Darmmikrobioms und Senkung des Blutdrucks in hypertensiven schlaganfall-anfälligen Ratten (SHRSP) untersucht. Dazu wurden zwei Gruppen aufgestellt: normale Ratten und SHRSP, die nur jeden zweiten Tag gefüttert wurden, während die andere Kontrollgruppe, bestehend aus beiden Rattentypen, uneingeschränkten Zugang zu Futter hatte.
Nach 9 Wochen konnte in der Kontrollgruppe ein signifikant erhöhter Blutdruck erfasst werden. Des Weiteren gab es keinen signifikanten Unterschied im systolischen Blutdruck zwischen den beiden Rattentypen, die ein Intervallfasten durchmachten. Zusätzlich konnten keine Organschädigungen in den Gruppen erfasst werden, was wohlmöglich auf das junge Alter von 15 Wochen zurückzuführen war. Denn der Gehalt an IL6 und CCL2 in der Niere und im Gehirn war bei den Diät-Ratten tendenziell geringer.
In einem nächsten Schritt transplantierten die Forscher das Darmmikrobiom der fastenden Ratten oder der Kontrollgruppe in keimfreie Ratten, die über kein eigenes Mikrobiom verfügten. Die Ratten, die eine Transplantation der Kontrollgruppe erhielten, entwickelten ebenfalls Bluthochdruck. „Diese Ergebnisse zeigten, dass die durch die Diät induzierten Veränderungen des Mikrobioms ausreichend waren, um den blutdrucksenkenden Effekt des Intervallfastens zu vermitteln.“, so Dr. Durgan.
Um die Frage zu klären, wie das Darmmikrobiom den Blutdruck der Tiere beeinflusst, konnten Veränderungen in den Produkten des Gallensäurestoffwechsels als potentielle Einflussfaktoren der Blutdruckregulation erfasst werden. Innerhalb der Kontrollgruppe wiesen die SHRSP weniger Gallensäuren im Kreislauf auf als die normalen Ratten. Bei SHRSP, die ein Intervallfasten durchgemacht hatten, konnten hingegen mehr Gallensäuren gefunden werden. „Zur Unterstützung dieses Befunds stellten wir fest, dass die Supplementierung der Tiere mit Cholsäure, einer primären Gallensäure, auch den Blutdruck im SHRSP-Modell für Bluthockdruck signifikant senkte“, äußerte sich Dr. Durgan.
Somit zeigt die Studie, dass Intervallfasten und die daraus resultierende Modulation des Darmmikrobioms zu einer Reduktion der Hypertonie im Tiermodell führen kann. Intervallfasten ist mittlerweile ein wichtiger neuer Trend der Ernährungsmedizin, um gesund abzunehmen und das Gewicht zu halten. Dabei können die gezeigten positiven Effekte ebenfalls ein ansprechender Nebeneffekt des Diätplans sein. Laut Dr. Durgan sei dies eine „attraktive Idee mit potentiellen klinischen Applikationen.“
Dabei erläuterte er, dass viele dieser Mikroorganismen in der Produktion von Komponenten beteiligt seien, die einen vorteilhaften Effekt auf den Kreislauf und die Phisiologie des „Wirts“ haben können. Diätpläne könnten somit eines Tages dabei helfen, die Aktivität und die Population des Darmmikrobioms natürlich und vorteilhaft zu regulieren, so Durgan.
In den letzten 20 Jahren hat sich der Forschungsstand und das Wissen über mögliche klinische Applikationen in Bezug auf das Darmmikrobiom stark entwickelt. Die Mikroorganismen sollen nicht nur einen positiven Einfluss auf den Blutdruck haben, sondern auch auf psychische Erkrankungen wie Depressionen, Infektionskrankheiten und Stoffwechselkrankheiten. Jedoch muss noch viel an Grundlagenforschung erfolgen, um wirklich klinische standardisierte Verfahren zu etablieren. Viel der aktuellen Forschung begrenzt sich noch auf das Tiermodell.
Auf der anderen Seite gibt es jedoch schon erste industrielle Anwendungen zur Darmflora-Analyse, wie es z.B. BIOMES verspricht. Deutlich ist, dass das Mikrobiom einen wichtigen Beitrag zu unserer Gesundheit leistet. Allerdings ist das Darmmikrobiom ein komplexes Ökosystem, dessen Arten, funktionale Eigenschaften und Zusammenspiel nicht vollends aufgeklärt sind. Das Verständnis darüber kann in Zukunft zur Entwicklung von neuen Medikamenten und Therapieformen in vielen Bereichen der Medizin beitragen.
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