Ein neuer Corona-Impfstoff speziell für Krebspatienten wurde entwickelt. CoVac-1 soll eine gezielte T-Zell-Antwort gegen SARS-CoV-2 induzieren und könnte demnächst zum Einsatz kommen.
Für Krebspatientinnen und -patienten, insbesondere diejenigen mit malignen Erkrankungen des Blut- und Lymphsystems wie Leukämien oder Lymphomen, besteht bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Verlauf.
Eine mögliche Ursache hierfür, so legt eine neue Studie dar, könnte in einer eingeschränkten Immunantwort liegen, die in Tumorpatienten durch die Erkrankung selbst oder die Krebstherapie bedingt wird. „Die Bildung einer Immunantwort nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 oder einer prophylaktischen Impfung ist essenziell für den Schutz vor der COVID-19-Erkrankung und letztendlich für die Entwicklung einer Langzeitimmunität“, erklärt Dr. Juliane Walz.
Die Forschergruppe um Walz hat die Immunantworten gegen SARS-CoV-2 in Tumorpatientinnen und -patienten untersucht und wichtige Erkenntnisse zur Pathophysiologie und für die Vorhersage des Schweregrads der Viruserkrankung gewonnen. Diese ermöglichen die Entwicklung gezielter therapeutischer Maßnahmen und Impfstoffe für diese gefährdete Patientenpopulation.
Für die Forschungsarbeit wurden Krebspatientinnen und -patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion untersucht und die Immunantwort gegen das Virus mit der von Genesenen verglichen. „Wir konnten zeigen, dass die Antikörperantwort gegen SARS-CoV-2 in Tumorpatienten vergleichbar mit der von COVID-19-Genesenen ohne Krebserkrankung ist. Im Gegensatz hierzu zeigen Tumorpatienten – und hier insbesondere Menschen mit Krebserkrankungen des Blut- und Lymphsystems – jedoch deutlich schwächere und weniger häufig T-Zell-Antworten gegen SARS-CoV-2. Ebenso erkennen die T-Zellen von Tumorpatienten weniger unterschiedliche Bestandteile des Coronavirus. Diese reduzierte sogenannte Diversität der T-Zell-Antwort ist mit einem schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung in Tumorpatienten assoziiert“, so Walz.
Darüber hinaus wurden im Rahmen der Studie, die in Zusammenarbeit mit den Abteilungen für Hämatologie und Onkologie in Tübingen und Bonn sowie der Frauenklinik, Hautklinik und Abteilung Urologie des Uniklinikums Tübingen entstanden ist, Blutproben von Krebserkrankten untersucht, die vor Ausbruch der Pandemie gesammelt wurden und somit keinen Kontakt zu SARS-CoV-2 hatten. In Vorarbeiten konnten die Tübinger Forscherinnen und Forscher bereits zeigen, dass kreuzreaktive T-Zellen gegen SARS-CoV-2 in bis zu 81 Prozent der gesunden Spender durch vorherigen Kontakt mit anderen humanen Erkältungs-Coronaviren vorkommen. Es wird vermutet, dass solche kreuzreaktive T-Zell-Antworten einen gewissen Schutz vor SARS-CoV-2 und COVID-19 bieten.
Die Tübinger Forschergruppe fand nun heraus, dass nicht nur die SARS-CoV-2 spezifische T-Zell-Antwort, sondern auch diese kreuzreaktiven T-Zell-Antworten in Patientinnen und Patienten mit Leukämien und Lymphomen deutlich reduziert sind. Ursächlich hierfür ist eine generelle Erschöpfung der T-Zell-Antwort in diesen Patienten, was sich auch durch reduzierte T-Zell-Antwort gegen andere Viruserkrankungen zeigt.
Basierend auf den Erkenntnissen dieser Studie etabliert das Team der KKE Translationale Immunologie gemeinsam mit der Abteilung für Immunologie in Tübingen eine klinische Studie, die in Kürze einen SARS-CoV-2-Impfstoff zur gezielten Induktion einer T-Zell-Antwort in Krebserkrankten einsetzen wird. Der Impfstoff (CoVac-1) wurde bereits in einer ersten Studie in gesunden Probanden evaluiert. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass mit diesem Impfstoff sehr starke T-Zell-Antworten erzeugt werden können.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Tübingen. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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