Neue Forschungsergebnisse zeigen, wie Kuhmilch, Klimawandel und die Verarbeitung von Nahrungsmitteln mit einem erhöhten Risiko für allergische Erkrankungen zusammenhängen.
Das „One Health“-Konzept bedeutet einen Paradigmenwechsel weg von einer isolierten Betrachtungsweise und umfasst das gesamte organische Leben auf unserem Planeten: Menschen, Tiere und Pflanzen, die alle globalen Bedrohungen ausgesetzt sind. Klimawandel, Umweltverschmutzung, industrielle Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung wirken sich auf die Lebensqualität und die öffentliche Gesundheit aus.
Im Bereich der Allergologie zeigen aktuelle Forschungsresultate, dass zahlreiche Faktoren ein erhöhtes Risiko für allergische Erkrankungen darstellen: der Klimawandel und die globale Erwärmung führen zu Pflanzenmigration, verlängerten Blütezeiten und verstärkter Allergenität, und erhöhen somit das Risiko für die Entwicklung von Allergien und intensiveren Symptome bei Tieren und Menschen. Die industrielle Verarbeitung von Nahrungsmitteln verändert deren Allergenität durch die Beeinflussung der Zusammensetzung und Proteinstruktur. Die Verschmutzung von Wasser, Boden und Luft wirkt sich ebenso auf die Allergenität von Proteinen in Umwelt, Pflanzen und Tieren aus, genau wie die Erschöpfung der Mikrobenvielfalt und Nährstoffe im Boden, wodurch für Proteine in Pflanzen Bindungspartner und Lademoleküle fehlen könnten und ihre Allergenität erhöht werden kann. Viele weitere dieser Faktoren könnten miteinander verflochten sein und bieten ein weites Feld für zukünftige Studien, so Erstautorin Isabella Pali-Schöll.
Im Rahmen des „One Health“-Konzeptes sollen hier erste Schritte innerhalb einer Arbeitsgruppe (WG One Health) der EAACI schon demnächst gesetzt werden.
In ihrem Artikel, der die aktuelle Forschungslage zusammenfasst, zeigt die Forschungsgruppe der Komparativen Medizin am Messerli Forschungsinstitut der Vetmeduni Vienna, wie der One Health-Ansatz auf Allergien angewendet werden kann, und zwar am Beispiel des Milchproteins Beta-Lactoglobulin. „Das Leben auf Bauernhöfen mit Kühen und der Genuss von Rohmilch schützt vor Allergien, und Beta-Lactoglobulin ist dabei involviert, weil es nicht nur im Stallstaub sondern auch in der Umgebungsluft bis in die Betten der Bauern nachweisbar ist, und dabei gemeinsam mit seinen Bindungsmolekülen das Immunsystem von Allergien wegdirigiert“, so Isabella Pali-Schöll.
Dem „One Health“-Konzept folgend sollen nun die systematischen Auswirkungen von Umwelt auf Mensch, Tier und Pflanzen untersucht werden, so Pali-Schöll. In diesem Zusammenhang stellt sich beispielsweise die Frage, welche Faktoren sich auf die Beladung von Beta-Lactoglobulin (BLG) und damit auf die Allergenität dieses Proteins in der Milch und Bauernhofumgebung auswirken. So könnten das Futter ebenso wie Stress, Krankheiten, Lebens- und Wachstumsbedingungen, der Ernährungszustand der Tiere aber auch allgemeine Umweltbedingungen die Verfügbarkeit von Liganden und die Bindung an BLG beeinflussen.
Laut Pali-Schöll wäre es nicht nur wichtig, die Ursachen genauer zu erforschen: „Im Zuge der weiteren Erforschung der Mechanismen, die zu Allergien führen oder vor diesen schützen, sollen die daraus resultierenden Erkenntnisse systematisch erhoben und strategisch genutzt werden, um Industrie, Politik, TierärztInnen, ZüchterInnen und natürlich MedizinerInnen in den Diskussionsprozess einzubinden. Damit sollen letztendlich die Haltungsbedingungen und die Produktionsverfahren verbessert werden, um Allergien bei Mensch und Tier vorzubeugen.“
Um ähnliche Probleme systematisch anzugehen, wurde innerhalb der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinischer Immunologie das One Health Thema auf die Fahnen geschrieben und jüngst eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich ausschließlich mit dem One Health Thema befasst. Isabella Pali-Schöll ist Mit-Initiatorin sowie Board Member und ist somit Influencerin für internationale Mitglieder aus unterschiedlichsten Fachgebieten.
Die Forschungsergebnisse zum One-Health-Konzept in der Allergologie haben wir euch hier und im Text verlinkt. Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna).
Bildquelle: Elena Mozhvilo, unsplash