Durch die Stimulation der Guanylatcyclase hat Vericiguat positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System. Das Medikament könnte bald als erster Wirkstoff dieser Klasse zur Therapie der Herzinsuffizienz zugelassen werden.
Bald könnte ein neues Therapeutikum bei Herzinsuffizienz zugelassen werden: Vericiguat. Es wäre dann der zweite Vertreter der Stimulatoren der Guanylatcyclase auf dem Markt. Bereits vor 7 Jahren wurde mit Riociguat der erste Wirkstoff dieser Klasse für die Behandlung von Lungenhochdruck zugelassen.
Beide Wirkstoffe stimulieren die lösliche Guanylatcyclase, ein wichtiges Enzym im Stickstoffmonoxid-Signalweg, welches insbesondere im Endothel des kardiopulmonalen Systems vorkommt. Lösliche Guanylatzyklasen werden durch Stickstoffmonoxid (NO) aktiviert und lösen durch die Absenkung der intrazellulären Calciumkonzentration die vasodilatierende Wirkung von NO im Gefäßsystem aus. Bei Aktivierung durch NO wandelt die Guanylatzyklase Guanosintriphosphat (GTP) zu zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) um. Dies führt zu einem Absinken der intrazellulären Kalziumkonzentration und damit zu einer Vasodilatation.
Vericiguat soll so zu einer Muskelrelaxation und Vasodilatation im Herz-Kreislauf-System führen und damit die Beschwerden einer Herzinsuffizienz, die mit einer gestörten NO-Synthese assoziiert ist, bessern.
In den USA wurde die Zulassung für das Medikament bereits im Januar 2021 erteilt. Jetzt hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) Vericiguat für die Zulassung in der Europäischen Union empfohlen.
Auf den Markt soll Vericiguat als Tablette in den Dosierungen 2,5 mg, 5 mg und 10 mg kommen. Es soll zur Behandlung von Erwachsenen mit Herzinsuffizienz bei reduzierter Ejektionsfraktion eingesetzt werden, die nach einem Dekompensationsereignis stabilisiert werden mussten. Bei diesen Patienten ist das Risiko für einen Herz-Kreislauf-bedingten Tod oder einen nötigen Krankenhausaufenthalt besonders hoch.
In einer Phase-III-Studie, die letztes Jahr im Mai im New England Journal of Medicine veröffentlich wurde, konnten die Hersteller Bayer und MSD zeigen, dass die zusätzliche einmal tägliche Einnahme von 10 mg Vericiguat im Vergleich zu Placebo die Rate kardiovaskulärer Todesfälle und Hospitalisierungen nach Herzversagen von 40,9 % auf 37,9 % leicht verringern konnte. Einer von sechs Patienten mit Herzinsuffizienz bei reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFrEF) entwickelt innerhalb von 18 Monaten nach der Diagnose eine Verschlechterung. Diese Patienten haben ein hohes 2-Jahres-Mortalitätsrisiko sowie ein hohes Risiko für wiederkehrende Krankenhausaufenthalte.
Burkert Pieske, Professor für Innere Medizin und Kardiologie an der Charité, war als Studienleiter an der Arbeit beteiligt. Er erklärt in einer Pressemitteilung: „Nach der Zulassung wird Vericiguat die erste Behandlungsoption sein, die speziell bei Patienten kurz nach ihrer Dekompensation untersucht wurde.“
Die Behandlung mit dem neuen Medikament solle dazu beitragen, die Abwärtsspirale von sich wiederholenden Dekompensations-Ereignissen aufzuhalten, das Risiko einer erneuten Hospitalisierung zu verringern und das Leben der Patienten sowie ihrer Familien zu verbessern. Die Entscheidung der EU-Kommission über die Zulassung wird in den kommenden Monaten erwartet.
Die VICTORIA-Studie haben wir euch im Text und hier verlinkt.
Bildquelle: Laurynas Mereckas, unsplash