Ein reißerischer Beitrag des ZDF verunsichert unsere Kunden. Viele wollen Masken mit der bösen Nummer 2163 umtauschen. Aber der ach so überzeugende TV-Bericht hat drei große Fehler.
In den letzten Tagen und Wochen bekommen wir in der Apotheke immer wieder Anfragen von besorgten Kunden. Grund ist eine WISO-Sendung, in der wieder einmal vor fehlerhaften FFP2-Masken aus den Apotheken gewarnt wurde. Angeblich seien unsere Masken auch bei den als durchgefallen bezeichneten Marken dabei, denn sie tragen die Nummer der angeprangerten Zertifizierungsstelle 2163 in Istanbul.
Die Kunden sind wahlweise verärgert oder verunsichert und verlangen einen Ersatz der Masken. Also schauen wir uns den WISO-Bericht einmal an und stellen fest: Dieser Beitrag ist bei uns als qualitativ minderwertig durchgefallen.
Der komplette Bericht ist reißerisch aufgemacht, der „Informant“, der bei der Redaktion seine Zweifel an der korrekten Arbeit der Zertifizierungsstelle Universal Certification geäußert hat, wird dargestellt, als hätte er Informationen, die ausreichen würden, einen Mafiaboss hinter Gitter zu bringen. Dieser anonyme Informant vertreibt übrigens selbst FFP2-Masken.
Man bekommt unmittelbar den Eindruck, dass er mit diesem Bericht ganz gerne seine deutschen Mitbewerber in Schwierigkeiten bringen möchte, denn er lässt deren Masken durch die DEKRA prüfen. Auch WISO lässt prüfen – genau wie der Informant wählen sie dafür sechs Maskenmodelle aus, nur dieses Mal von chinesischen Herstellern.
Bei den deutschen Produkten seien alle sechs Masken in mindestens einem Punkt laut Prüfkriterien der DEKRA durchgefallen, erfährt der Zuschauer. Welche Punkte das sind, bleibt zunächst offen. Auch bei den chinesischen Masken sieht es nicht besser aus – alle sechs sind durchgefallen. Man erfährt hier zumindest auch den Grund: In einem Fall lag die Leckage bei 11 % statt den erlaubten 8 %, in einem anderen Fall war der Atemwiderstand mit 3,5 mbar größer als die erlaubten 3 mbar. Wenn man sich die Testberichte genau betrachtet, sieht man, dass manche der hier so verteufelt schlecht dargestellten Masken aufgrund eines Ausatemwiderstand von 3,1 mbar durgefallen sind, also einer marginalen Abweichung.
Tatsächlich besorgniserregend waren die Ergebnisse der FFP2-Maske von SWS Medicare, bei der ein Durchlass von über 28 % gemessen wurde, bei erlaubten 6 %. Der Hersteller veranlasste daraufhin unverzüglich eine Prüfung der genannten Charge beim TÜV Nord. Außerdem wurde die Marktüberwachung als zuständige deutsche Überwachungsbehörde auf alle 12 Herstellerfirmen angesetzt. Sollten diese durchfallen, müssten die Maskenmodelle direkt vom Markt genommen werden. Mir stellt sich direkt die Frage, ob es eigentlich zulässig ist, zu behaupten, diese Masken seien allesamt fehlerhaft, wenn von jeder Sorte lediglich zwei Einzelexemplare geprüft werden?
Interessant fand ich, dass bei WISO besonders auf den Einatemwiderstand der Masken eingegangen wird:
„Fällt das Atmen schwer oder kann der Mensch zu wenig Sauerstoff einatmen, besteht die Gefahr, dass er ganz auf die Maske verzichtet oder sie so aufsetzt, dass er besser Luft bekommt. Dabei entstehen oft Öffnungen an den Rändern, durch die außer der Luft auch Viren aufgenommen werden können. Bleibt die Maske hingegen unverändert eng anliegend aufgesetzt, kann bei zu hohem Atemwiderstand ein Sauerstoffmangel entstehen, der die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen kann.“
Wie viele der getesteten Masken sind hier denn wohl durchgefallen, wenn so explizit darüber informiert wird? Ergebnis: keine Einzige! Ich empfinde das als gezielte Verunsicherungstaktik, die den Beitrag wohl interessanter gestalten sollte.
In den letzten Sekunden des Berichts wird kurz darauf eingegangen, dass die deutsche Marktüberwachung bei der Überprüfung der am weitaus schlechtesten getesteten FFP2-Maske von SWS Medicare zum Ergebnis kam, dass die Ergebnisse „weit im Toleranzbereich“ lagen und sich somit kein weiterer Handlungsbedarf ergibt.
Was möchte uns dieser reißerisch aufgemachte Bericht denn nun sagen? Getestet wurden lediglich 12 Masken von 700 in den vergangenen Monaten vergebenen CE-Zertifikaten der Universal Certification – Fehler Nummer 1. Eine Nachprüfung der am schlechtesten getesteten Maske ergab, dass sie doch den strengen Bestimmungen entsprach und alle Prüfungen weit im Toleranzbereich lagen – Fehler Nummer 2. Und angestoßen wurde diese Überprüfung von einem Informanten, der selbst ein Interesse daran hat, die Masken dieser Prüfstelle als schlecht zu brandmarken, denn er ist ein Konkurrent – Fehler Nummer 3.
Was bleibt, sind verunsicherte und verärgerte Menschen, die keine Masken mit dieser Kennzeichnung mehr tragen möchten, weil sie diese als unsicher empfinden. Der Compliance zuliebe haben wir in Einzelfällen tatsächlich die Masken ausgetauscht, wenn wir die Kunden nicht beruhigen konnten, und verwenden die unbenutzten zurückgegebenen FFP2-Masken mit der 2163 nun selbst.
Ein zufriedener Umtauscher kam übrigens die Tage mit seiner nun über alle Zweifel erhabenen – weil in Deutschland zertifizierten – Maske zu uns, und hatte sie von unten bis zur Unterlippe aufgerissen, weil er so besser Luft bekommt. Ich denke, WISO hätte gut daran getan, die Menschen einmal darüber aufzuklären, wie solche Masken getragen werden sollten.
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