Jeder zweite Erwachsene leidet an Bluthochdruck. Forscher suchen nach Präventionsmöglichkeiten gegen kardiovaskuläre Erkrankungen. Aktuell rückt der Joghurt in den Fokus: Regelmäßiger Verzehr senkt das Risiko, heißt es – in einer Studie mit eklatanten Schwächen.
Amerikanische Kardiologen zogen aus der SPRINT-Studie ihre wissenschaftlichen Konsequenzen. In ihrer Ende 2017 veröffentlichten Leitlinie senken sie den Grenzwert für eine arterielle Hypertonie von 140/80 mmHg auf 130/90 mmHg. Nach der neuen Definition hätte demnach fast jeder zweite Erwachsene Bluthochdruck. Dementsprechend groß war die mediale Aufmerksamkeit hinsichtlich einer aktuellen Studie, in der behauptet wird, regelmäßiger Joghurtverzehr senke das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Justin R. Buendia vom Department of Medicine, Preventive Medicine and Epidemiology der Boston University School of Medicine widmete sich dem Milchprodukt im Zuge einer umfangreichen Studie. Zusammen mit Kollegen untersuchte er, welchen Einfluss Joghurtverzehr auf den Blutdruck hat. Basis seiner Arbeit waren zwei große Kohorten, nämlich die Nurses’ Health Study (NHS) mit 121.700 Probandinnen beziehungsweise die Health Professionals Follow-Up Study (HPFS) mit 51.529 Probanden. Zu Studienbeginn in den 1980er-Jahren lag das Alter bei 30 bis 55 Jahren (NHS) beziehungsweise bei 40 bis 75 Jahren (HPFS). Forscher setzen mit ihrer Arbeit zu dem Zeitpunkt an, an dem Probanden zum ersten Mal selbst in Fragebögen einen hohen Blutdruck angegeben hatten. Das traf auf 55.898 Frauen und 18.232 Männer zu. Stichprobenartige ärztliche Untersuchungen ergaben, dass die Diagnose bei 77 Prozent (NHS) beziehungsweise 100 Prozent (HPFS) zutraf. Allerdings evaluierten Ärzte die Angaben nur bei 51 beziehungsweise 20 Probanden. Per Fragebogen erfassten die Organisatoren beider Studien unterschiedliche Konsumgewohnheiten. Die Matrix umfasste neun Punkte von „nie oder weniger als einmal pro Monat“ bis zu „sechs oder mehr Portionen pro Tag“. Hinzu kamen medizinische Diagnosen zu Schlaganfällen oder Myokardinfarkten.
Dabei interessierte sich Buendia speziell für die Bedeutung handelsüblicher Joghurts. Das Milchprodukt ist Bestandteil populärer DASH-Diäten (Dietary Approach to Stop Hypertension). Ansonsten stehen Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, fettarme Milchprodukte auf dem Speiseplan. Hinzu kommen Fisch, Geflügel, Bohnen und Nüsse. Große Mengen an rotem Fleisch, an Kochsalz oder an Zucker sind zu vermeiden. Über statistische Verfahren korrigierten die Autoren weitere Faktoren. Beispielsweise bewegten sich Konsumenten des Milchprodukts mehr, ernährten sich generell gesünder und rauchten seltener. Nach der Bereinigung aller Daten fand der Wissenschaftler statistisch signifikante Zusammenhänge: Bei Frauen und Männern war der Konsum mit niedrigeren Schlaganfall- oder Herzinfarktrisiken assoziiert. Wer das Milchprodukt mindestens zweimal pro Woche aß, hatte ein um 17 (Frauen) beziehungsweise 21 Prozent (Männer) geringeres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Als Vergleich dienten Teilnehmerinnen beziehungsweise Teilnehmer mit weniger als einer Joghurtportion pro Tag.
Mit seiner Studie zeigt Buendia Assoziationen, aber keine Kausalitäten auf. Zusammen mit seinen Kollegen bemüht er sich redlich, Verzerrungen zu eliminieren. Trotzdem gibt es einige Schwachpunkte:
Gesunde Ernährung ist immer eine Empfehlung wert. Aufgrund der vorliegenden Studie lassen sich von Joghurt jedoch sicher keine Wunder erwarten.