Wie häufig sind Kinder tatsächlich vom Post-COVID-Syndrom betroffen? Und: Beschränken sich die Auswirkungen eher auf psychosmatische Folgen? Sehen wir uns die Studienlage genauer an.
Seit des deutschlandweiten Beginns der SARS-CoV-2-Pandemie im März 2020, wurden fast 490.000 Fälle bei Kindern und Jugendlichen vom Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet. Diese Altersgruppe weist meist milde bis asymptomatische Verläufe einer COVID-19-Infektion auf. Dennoch gerät Long Covid auch bei jungen Menschen mehr in den Fokus. Insbesondere da davon womöglich ein höherer Schaden ausgehen könnte als von der tatsächlichen Infektion.
Im Rahmen der SchoolCoviDD19-Studie wurden über 1.500 Schüler der Klassen 8-12 in 14 Schulen aus dem ost-sächsischen Raum hinsichtlich COVID-19 untersucht und befragt. Die Seroprävalenz wurde in allen Teilnehmern über serielle SARS-CoV-2-Antikörperbewertungen bestimmt. Die Umfrage enthielt neben sozidemografischen Daten auch zwölf Fragen zum Auftreten relevanter neurokognitiver Schmerz- und Stimmungssymptome.
Etwa 88 % der Probanden wurden seronegativ und 12 % seropositiv auf SARS-CoV-2 getestet. Dabei traten keine signifikanten Unterschiede im Alter, Geschlecht oder der Größe des Haushalts auf. Bei der Befragung stellte sich heraus, dass eine Häufigkeit von 35 % für jedes der gelisteten Symptome, unabhängig vom Ausprägungsgrad, innerhalb der letzten 7 Tage auftrat. Am häufigsten wurde Freude (98,7 %), gefolgt von Angespanntheit (86,4 %), Lustlosigkeit (80,7 %) und Konzentrationsschwierigkeiten (79,3 %) beschrieben. Von Myalgie/Arthralgie (35,6 %) und Müdigkeit (37,8 %) wurde am seltensten berichtet. Hier gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Seropositiven und Seronegativen. Jedoch ergab sich eine Korrelation bei der Seronegativität und der Rate von Traurigkeit.
Die Forscher führten auf, dass die Prävalenz der neurokognitiven Symptome deutlich höher sei als in präpandemischen Studien. Dabei stünden die Ergebnisse im Einklang mit Studien zur Prävalenz von Long-Covid-Symptomen oder psychosomatischen Symptomen während der SARS-CoV-2-Pandemie in dieser Altergruppe. Zusätzlich biete die Studie eine angemessene Kontrollgruppe durch den Vergleich von Seronegativen und -positiven.
Die Schweizer Studie Ciao-Corona untersuchte ebenfalls die Seroprävalenz bei rund 2.500 Kindern und Jugendlichen von 6 bis 16 Jahren. Zusätzlich wurde mit Fragebögen nach körperlichen Symptomen und Befindlichkeit gefragt und Positive und Negative verglichen. Dabei wurden fast 1.400 Kinder mit serologischem Befund in die Nachbefragung eingeschlossen, wobei sich 109 als seropositiv herausstellten. 9,2 % der Seropositiven und 9,7 % der Seronegativen haben über 4 Wochen hinaus über mindesten eines der Symptome berichtet. Ab zwölf Wochen waren es lediglich 3,7 % und 2,2 %.
Eine britische Studie zeigte ähnliche Ergebnisse: Etwa 260.000 Kinder zwischen 5 bis17 Jahren wurden untersucht, wobei fast 1.800 positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden. Die häufigsten Symptome waren Kopfschmerz (62,2 %) und Müdigkeit (55,0 %). Bei lediglich 4,4 % ergab sich eine Krankheitsdauer von mehr als 28 Tagen, obwohl ältere davon mehr betroffen waren. Nur 1,8 % berichteten über Symptome über 56 Tage hinaus. Bei etwa 0,9 % der negativ getesteten Kohorte kam es zu einer verlängerten Symptomdauer. Diese Kinder hatten zusätzlich eine größere Symptombelastung als Kinder, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden. Einige Kinder hatten dabei eine anhaltende und belastende Krankheit.
The Lancet veröffentlichte eine australische Studie, die 171 Kinder im durchschnittlichen Alter von 3 Jahren umfasste und sich mit COVID-19 Infektionen am Royal Children’s Hospital in Melbourne auseinandersetzte. Die meisten Kinder hatten eine leichte oder asymptomatische Erkrankung, was häufig mit einem kurzen Aufenthalt verbunden war. Nachuntersuchungen nach 3 bis 6 Monaten zeigten, dass lediglich bei 8 % post-akute COVID-19 Symptome auftraten, bei denen symptomatisches COVID-19 festgestellt wurde. Die häufigsten Symptome waren dabei leicht postviraler Husten (4 %), Müdigkeit (2 %) oder beides (1%). Die Dauer der Symptome reichte meist nur 8 Wochen ab dem Zeitpunkt des Auftretens.
Die deutschlandweite Studie legte besonders Wert auf die psychosomatische Entwicklung der Jugendlichen und negativen Auswirkungen, die mit der Pandemie und den sozialen Einschränkungen verbunden sind. Jedoch werden die beschriebenen Symptome ebenfalls mit Long Covid assoziiert. Die Kontrollgruppe weise durch eine ähnliche Verteilung der Symptomatik darauf hin, dass die neurokognitiven Einschränkungen womöglich mit dem social distancing zu tun haben und nicht in erster Linie mit einer COVID-19-Infektion, erklären die Forscher in der Studie.
Auch wenn all die Forschungsergebnisse auf unterschiedlichen Studiendesigns basieren, deuten sie darauf hin, dass jüngere nicht so stark von Long Covid betroffen sind wie Erwachsene. Zusätzlich hat sich gezeigt, dass der Krankheitsverlauf häufig asymptomatisch oder leicht symptomatisch ist. Außerdem konnte in den meisten Gruppen eine vergleichbare Kontrollgruppe etabliert werden. Jedoch muss dazu gesagt werden, dass der Anteil an Seropositiven im Verhältnis gering war. Bei einer solch verzerrten Verteilung muss die Gewichtung der einzelnen Parameter beachtet werden und die Aussagekraft der Daten im Kontext beurteilt werden. Bei dieser kleinen Probandengröße wird es schwieriger seltene und schwerwiegende Symptome festzustellen.
Bildquelle: Katherine Hanlon, unsplash