RUNX1 ist ein hämatopoetischer Transkriptionsfaktor. Er spielt bei dem Prozess der Linienentscheidung in Vorläuferzellen eine zentrale Rolle. Diese Erkenntnis trägt zum Verständnis der normalen Blutzellentwicklung und der molekularen Ursachen der Leukämieentstehung bei.
Reife Blutzellen entstehen aus Stammzellen, die sich zu jedem beliebigen Blutzelltyp entwickeln können. Daher sind Linienentscheidungen für die Entwicklung von reifen Blutzellen essentiell, hier wird festgelegt, in welche Richtung sich die Zelle differenziert. Diese Linienentscheidungen werden durch die Transkriptionsfaktoren kontrolliert. Die genauen Mechanismen, wie diese Linienentscheidungen getroffen werden, sind bisher jedoch weitgehend ungeklärt. Eine Arbeitsgruppe um Dr. Jörn Lausen am Georg-Speyer-Haus in Frankfurt beschäftigte sich mit der Regulation der Linienentscheidung in Vorläuferzellen, aus denen Thrombozyten oder Erythrozyten hervorgehen. Die Wissenschaftler konnten darlegen, dass der Transkriptionsfaktor RUNX1 bei dem Prozess der Linienentscheidung eine zentrale Rolle spielt. RUNX1 begünstigt die Entwicklung von Zellen in die thrombozytäre Richtung, indem er die Ausprägung thrombozytärer Gene verstärkt. Gleichzeitig verhindert RUNX1, dass erythroide Gene exprimiert werden. Die Hemmung des erythroiden Programms wird durch die epigenetische Repression der Expression des KLF1-Gens (Krueppel-like factor 1) sichergestellt. KLF1 ist ein Schlüsselregulator erythroider Genexpression. Somit kann RUNX1 durch die Regulation von KLF1 das Gleichgewicht zwischen Thrombozyten und Erythrozyten beeinflussen. Diese Erkenntnis trägt zu einem besseren Verständnis der Mechanismen der Linienentscheidungen sowie deren Dysregulation während der Hämatopoiese bei. Durch die Entschlüsselung der grundlegenden epigenetischen Mechanismen der Differenzierung eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Entwicklung zielgerichteter Therapien von Leukämien. Originalpublikation: RUNX1 represses the erythroid gene expression program during megakaryocytic differentiation Olga N. Kuvardina et al.; Blood, d0i: 10.1182/blood-2014-11-610519; 2015