Ob Hydroxychloroquin, Remdesivir oder Dexamethason: Hoffnungsträger in der stationären Behandlung von COVID-19 gab es viele. Doch nicht jeder Ansatz hat sich bewährt. Der Stand der Dinge im Überblick.
Als sich Anfang 2020 das neuartige SARS-CoV-2 bei uns auszubreiten begann, gab es keine spezifischen Therapien dagegen. Eines der ersten therapeutischen Konzepte ging unter anderem auf Prof. Didier Raoult von der IHU Méditerranée Infection in Marseille zurück. Er veröffentlichte auf YouTube positive Ergebnisse von Hydroxychloroquin bei COVID-19 aus einer nicht randomisierten, unverblindeten Studie mit 24 Patienten. Das Medikament wurde auch von Donald Trump empfohlen und die Bundesregierung hatte größere Menges des Wirkstoffs erworben. Allerdings gab es frühzeitig kritische Stimmen von Experten, die die anfängliche Euphorie bremsten.
Mit dem nächsten Hoffnungsträger, dem Virostatikum Remdesivir, wurde eine klassische Arzneimittelentwicklung mit randomisierten klinischen Studien durchgeführt, die in eine Zulassung zur Behandlung bestimmter Patientengruppen mit COVID-19 Pneumonie durch die EMA und FDA mündeten. Eine Ernüchterung brachte die SOLIDARITY-Studie der WHO, in der weder Remdesivir, noch Hydroxychloroquin, noch Lopinavir/Ritonavir oder Interferon β1a einen positiven Effekt auf die 28-Tage-Mortalität zeigten. Keines der Präparate verzögerte die Zeit bis zur Beatmung oder beschleunigte die Entlassung aus der Klinik.
In der Zwischenzeit gibt es eine Vielzahl von Empfehlungen oder Leitlinien, die basierend auf dem Fortschritt der Erkenntnisse als „Living Guidelines“ immer wieder aktualisiert werden müssen. Dazu gehören die AWMF S3-Leitlinie „Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19“, die Empfehlungen der Fachgruppe COVRIIN am Robert-Koch-Institut zur medikamentösen Therapie bei COVID-19, die „Hinweise zu Erkennung, Diagnostik und Therapie von Patienten mit COVID-19“ der STAKOB-Gruppe am RKI, eine „Living WHO Guideline on drugs for Covid-19“ und die COVID-19 Treatment Guidelines des NIH.
Die untenstehende Abbildung wurde primär auf der Basis der aktuellen AWMF-Leitlinie erstellt. Dazu noch einige weitere Erläuterungen: Eine starke Empfehlung wurde nur für die medikamentöse Thromboseprophylaxe und die Therapie mit Dexamethason abgegeben. Eine Therapie mit monoklonalen Antikörpern soll nur in der Frühphase von (nosokomialen) Infektionen bei Risikopatienten erfolgen. Die Empfehlung von Tocilizumab ist eine „kann“-Empfehlung in Kombination mit Kortikosteroiden bei progredienten Patienten mit Anzeichen von Hyperinflammation.
Besonders kontrovers ist die Lage bei Remdesivir, dass ja als einziges Medikament eine reguläre behördlichen Zulassung der FDA und EMA für die Therapie von COVID-19 hat. Remdesivir wird in der AWMF-Leitlinie ohne positive oder negative konkrete Empfehlung genannt, während die COVRIIN-Gruppe Remdesivir in der Kategorie der Substanzen mit nachgewiesenem Nutzen bei COVID-19 einordnet. Das NIH spricht eine klare Empfehlung für die Anwendung von Remdesivir (in Kombination mit Kortikosteroiden) in den entsprechenden Patientengruppen aus, während die WHO eine schwache Empfehlung gegen seinen Einsatz bei COVID-19 gibt.
Quellen
https://www.youtube.com/watch?v=n4J8kydOvbc
https://academic.oup.com/cid/article/71/15/732/5801998
https://www.nature.com/articles/s41422-020-0282-0
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)31022-9/fulltext
https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/nejmoa2007764
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/113-001LGl_S3_Empfehlungen-zur-stationaeren-Therapie-von-Patienten-mit-COVID-19__2021-05.pdf
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/COVRIIN_Dok/Therapieuebersicht.pdf?__blob=publicationFile
https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/Stakob/Stellungnahmen/Stellungnahme-Covid-19_Therapie_Diagnose.pdf?__blob=publicationFile
https://www.portailvasculaire.fr/sites/default/files/docs/2020_who_guidelines_traitements_covid-19_bmj_0.pdf
https://www.covid19treatmentguidelines.nih.gov/therapeutic-management/
Bildquelle: HalGatewood.com, unsplash