Nach einer Verletzung beginnt sofort der physiologische Prozess der Wundheilung mit dem Ziel, die Wunde zu schließen. Dies kann entweder durch Wiederherstellung des Gewebes oder Vernarbung erfolgen. Die Wundheilung ist ein komplexer Prozess, lässt sich jedoch vereinfacht in drei Phasen einteilen:
Diese müssen nicht zwingend streng aufeinanderfolgend ablaufen, sondern finden an unterschiedlichen Stellen der akuten Wunde teilweise parallel statt.
Die Exsudationsphase setzt sofort im Moment der Verletzung ein und dauert bei physiologischen Bedingungen etwa drei Tage.2 Das oberste Ziel ist es, die Wunde provisorisch nach außen zu verschließen und zu reinigen. Auf Zellebene kommt es zur Blutgerinnung, wodurch der Blutverlust gestoppt wird.3 Auf Grund der Vasodilatation und der dadurch erhöhten Kapillarpermeabilität kommt es zur Exsudation von Blutplasma in den interstitiellen Raum.4 Dabei wird durch die Vernetzung von Fibrin und koaguliertem Blut der Wundschorf gebildet, der die Wunde vor weiterer Infiltration durch Keime von außen schützt.4 Dieser Prozess ist meistens bereits nach 10 Minuten abgeschlossen.4
Anschließend folgt die Migration von Immunzellen in das betroffene Gewebe und es kommt zur physiologischen Entzündung, wobei ein typisches Wundödem entsteht.5 Insbesondere Granulozyten und Makrophagen sind dafür verantwortlich, die Wunde zu reinigen, indem sie vorhandene Mikroben und nekrotisches Gewebe durch Phagozytose abbauen.6 Für eine optimale Verheilung muss die Wunde frei von Nekrosen, Keimen und Schmutz sein. Daher ist die Exsudationsphase besonders wichtig und kann durch Säuberung oder Debridement (mechanisches Abtragen von Nekrosen) therapeutisch unterstützt werden.7
Das Ziel der Granulationsphase ist die Angiogenese (Blutgefäßneubildung) und das Ersetzen des abgebauten Gewebes durch Granulationsgewebe.8,9 Zunächst wandern Fibroblasten aus der Umgebung in die Wunde ein und finden sich in einem Netz aus Blutgerinnseln und Fibrin wieder, das sich hervorragend als provisorische Matrix eignet.9 Durch den vorangegangenen Abbau der Nekrosen liegt ein nährstoffreiches Milieu vor, da die Makrophagen reichlich Aminosäuren zur Verfügung stellen. Neben Fibroblasten sind auch neu gebildete Kapillaren und Komponenten der extrazellulären Matrix (ECM), wie z.B. Kollagen oder Proteoglykane, Teil des Granulationsgewebes.10 Dieses ist weich und rötlich, und verdankt seinen Namen der körnigen Oberflächenmorphologie, wobei von einer „granulierten“ Oberfläche gesprochen wird. Die Angiogenese ist in dieser Phase besonders kritisch, da das Gewebe ausreichend mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden muss.8 Die Granulationsphase beginnt nach vier Tagen und ist meistens bis zum sechsten Tag abgeschlossen.9
In der Differenzierungsphase kommt es zur Verdichtung der ECM und Stabilisierung des Kollagens, da sich die Fasern bündelförmig quervernetzen.11 Dabei entsteht allmählich ein zug- und druckfestes Narbengewebe. Durch die Ausbildung des Plattenepithels der Haut wird die Wundheilung finalisiert.12 Dieser Prozess findet von den Wundrändern ausgehend statt, wobei eine Epithelisierung des Narbengewebes keinen vollwertigen Hautersatz darstellt.12 In den meisten Fällen fehlen nämlich in Folge der Regeneration Drüsen, Pigmentzellen als auch eine vollständige Innervation der betroffenen Partien.11,13,14 Lediglich bei oberflächlichen Schürfwunden ist eine vollwertige Heilung möglich. Das Narbengewebe ist zu Beginn auf Hautniveau zu sehen und kann Schmerzen verursachen, senkt sich jedoch mit der Zeit ab, wobei die anfängliche Hautrötung und auch die Schmerzen zurückgehen.15 Die Differenzierungsphase ist meistens nach etwa 10 Tagen abgeschlossen, kann aber auch mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
Diesem komplexen Zusammenspiel aus Wundreinigung und Ersatz des geschädigten Gewebes ist also zu verdanken, dass die meisten akuten Wunden schnell verheilen und oft kein großes Problem darstellen. Alles in allem also doch kein Drama. Aber was passiert, wenn eine Wunde nicht wie von selbst verheilt? Bei schlecht heilenden und chronischen Wunden gibt es bei diesem Prozess unterschiedliche Komplikationen. Dazu berichten wir mehr in unseren nächsten Beiträgen.
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