KOMMENTAR | Spahns Aufhebung der Impfpriorisierung und die Impf-Empfehlungen der STIKO beißen sich – zumindest wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Was Ärzte beachten sollten.
Wie den Spagat meistern zwischen Spahns Priorisierungs-Freigabe und der STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung bei 12- bis 17-Jährigen?
Orientierungshilfe kann ein Blick auf die Basis dieser unterschiedlichen Empfehlungen geben. Während der Gesundheitsminister rein politisch entschieden hat, liegen der STIKO-Empfehlung umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen zugrunde – zum Nutzen, wie auch den Risiken einer solchen Impfung für Jugendliche. Nil nocere, unser erster Auftrag. Zwar traten in Israel nur etwa 285 Myokarditiden auf bei ca. 5 Mio. Impfungen, aber diese betrafen überwiegend junge Männer zwischen 16 und 19 Jahren.
Umso kritischer betrachtet werden muss zum einen der individuelle Nutzen einer Impfung dieser Altersgruppe, wie die (geringen) Auswirkungen auf eine Herdenimmunisierung. Hier bietet die STIKO-Empfehlung mit ihrer Priorisierung klar definierter „junger“ Risikogruppen (bedingt durch Vorerkrankungen) dem praktischen Vorgehen sichere Orientierung. Ebenso konsequent umgesetzt werden sollte die Empfehlung, Kinder und Jugendliche ab dem Alter von 12 Jahren zu impfen, die zu Menschen mit hoher Gefährdung Kontakt haben.
Was aber tun für die Jugendlichen ohne Risiko? Die aktuelle Ergänzung der STIKO-Empfehlung verbietet nicht, auch allen weiteren 12- bis 17-Jährigen diese Impfung anzubieten. Die basale Impfempfehlung formuliert sogar ausdrücklich: „Neben den von der STIKO empfohlenen Impfungen sind auf der Basis der existierenden Impfstoffzulassung weitere Impfindikationen möglich […]. Es liegt in der Verantwortung des Arztes, seine Patienten auf diese weiteren Schutzmöglichkeiten hinzuweisen.“
Eine fehlende STIKO-Empfehlung hindert den Arzt niemals an einer begründeten Impfung! Auf Wunsch von Eltern und/oder Jugendlichen kann – nach ausführlicher Aufklärung – jeder 12- bis 17-Jährige geimpft werden. Die Impfung des Personals von Kitas und Schulen wird aber Ausbrüche in diesem Bereich weit stärker beeinflussen.
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