Ein 45-jähriger Mann wird wegen Brustschmerzen in die Notaufnahme eingeliefert. Schnell ist klar: Grund dafür ist ein akuter Myokardinfarkt. Jetzt müssen die Ärzte entscheiden: Stent oder kein Stent?
Ein Mann stellt sich mit akuten Beschwerden in der Notaufnahme vor: Er leidet an Brustschmerzen und es kam zu einer Synkope beim Autofahren. Der 45-Jährige raucht seit etwa 30 Jahren (zwischen 10 und 20 Zigaretten täglich) und konsumiert zudem häufig Kokain. Es bestehen weder kardiovaskuläre Risikofaktoren noch eine familiäre oder persönliche Vorgeschichte von Herzkrankheiten.
Zwölf-Kanal-Elektrokardiogramm mit Sinusrhythmus, ST-Strecken-Hebung in den inferioren Ableitungen und leichten Spiegelveränderungen in den hohen lateralen Ableitungen. Quelle: European Heart Journal - Case Reports Die körperliche Untersuchung ergab einen Blutdruck von 110/80 mmHg und einen Puls von 74 Schlägen/min. Er war afebril und zeigte keine pathologischen oder abnormalen Geräusche beim Abhören des Herzens oder der Lunge. Ebenso fanden die Ärzte keine Anzeichen einer Herzinsuffizienz. Das Elektrokardiogramm (EKG) zeigt schließlich einen ST-Hebungs-Infarkt (STEMI) in den inferioren Ableitungen (2 mm in DII, DIII und aVF) und milde Spiegelveränderungen in den hohen seitlichen Ableitungen (DI, aVL).
Außerdem wird durch das Echokardiogramm eine Hypokinese der inferolateralen und inferioren Segmente bei erhaltener Ejektionsfraktion sichtbar. Die Ärzte schließen daraufhin eine signifikante Klappenerkrankung oder mechanische Komplikationen aus.
Koronarangiogramm zeigt einen thrombotischen Verschluss des mitteldistalen Segments der rechten Koronararterie. Quelle: European Heart Journal - Case Reports
Es wird notfallmäßig eine Koronarangiografie durchgeführt, die einen thrombotischen Verschluss des mittleren distalen Segments der rechten Koronararterie zeigt. Zuvor wurden dem Patienten ASS (300 mg) und Ticagrelor (180 mg) sowie unfraktioniertes Heparin (8000 UI) verabreicht.
Nach erfolgreicher Thrombusaspiration wurde eine Reperfusion der Arterie erreicht, aber es wurde keine signifikante Koronarstenose an der Verschlußstelle gefunden.
Um besser verstehen zu können, wie es zu dem Koronarverschluss gekommen ist, wird die Bildgebung mittels optischer Kohärenztomografie (OCT) durchgeführt. Dabei offenbaren sich leicht atherosklerotisch erodierte Plaques und verbleibende kleine Thrombuslast.
Die Ärzte entscheiden sich in diesem Fall für ein konservatives Management ohne Stentimplantation: Der Mann wird zunächst mit einem Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten (Abciximab) behandelt. Die Abciximab-Infusion wurde über 12 Stunden mit einer Rate von 0,125 µg/kg/min, in diesem Fall 10 µg/min, nach Verabreichung eines initialen Bolus von 20 mg, entsprechend 0,25 mg/kg, über 5 Minuten aufrechterhalten.
Die kardiovaskuläre Entwicklung des Patienten ist während seines Krankenhausaufenthalts zufriedenstellend. Er wird schließlich nach 10 Tagen entlassen.
Die Behandlung bei der Entlassung umfasste Empfehlungen wie Rauch- und Drogenentwöhnung und die duale Thrombozytenaggregationshemmer-Therapie mit Aspirin und Ticagrelor 90 mg für 12 Monate, anschließend wurde Aspirin auf unbestimmte Zeit empfohlen.
Auch eine medikamentöse Behandlung mit niedrig dosierten ACE-Hemmern, Statin und Protonenpumpeninhibitoren war indiziert. Bei der Nachuntersuchung nach 9 Monaten ist der Patient weiterhin asymptomatisch und ereignislos.
Aus dem Fall lassen sich laut den Autoren des Fallberichts in European Heart Journal - Case Reports drei konkrete Learnings ziehen:
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