Kurz nach der Corona-Impfung mit dem Biontech-Vakzin klagen viele über Kopfschmerz. Auch Fieber oder Muskelschmerzen sind keine Seltenheit. Aber woran liegt das?
Die Impfstoffentwicklung während der COVID-19-Pandemie übertraf viele Erwartungen. Die mediale Aufmerksamkeit stieg mit Beginn der Impfkampagne rapide an und der Fokus auf mögliche Nebenwirkungen ebenfalls.
Dies führte insbesondere unter den Jüngeren zu Vorsicht und geringerer Impfbereitschaft, weil sie bei einer SARS-CoV-2-Infektion oft milde oder gar keine Symptome aufweisen. Dadurch haben sie teilweise mehr Angst vor der Impfung als vor einer tatsächlichen Infektion. Aber was genau verursacht die Nebenwirkung einer mRNA-basierten Impfung? Ein Artikel des renommierten Science ist dieser Frage nachgegangen.
Unter den hauptsächlich auftretenden Nebenwirkungen der Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna zählt eine Kombination aus Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und allgemeinem Unwohlsein, wobei 60 % der Impf-Empfänger diese Symptome erst nach Erhalt der zweiten Dosis wahrnehmen.
Abgesehen von einem vagen Hinweis auf eine anhaltende Immunantwort in den Medien, wurde der tatsächlichen Ursache der Nebenwirkungen jedoch kaum Beachtung geschenkt, betonen die Autoren. Wahrscheinlich können die Symptome auf die übermäßige Produktion eines Zytokins zurückgeführt werden, welches eine wichtige Rolle bei der Potenzierung der frühen Stadien der Immunantwort spielt, nämlich das Typ-I-Interferon (IFN-I).
Bei IFN-I handelt es sich um eine große Subgruppe der Interferone, welche die Aktivität des Immunsystems regulieren und diverse IFNs umfasst. Die Produktion von IFN-I wird meist zusammen mit IFN-III nach Kontakt mit Pathogenen im ganzen Körper bzw. im Atmungssystem aktiviert. Die Aktivierung erfolgt dabei durch die Interaktion mit Pathogen-assoziierten molekularen Mustern (PAMPs), die von den entsprechenden viralen oder bakteriellen Pathogenen exprimiert werden. Sie unterdrücken dann die lokale Virusreplikation und verhindern dadurch die Verbreitung an anderer Stelle. Die PAMPs interagieren dabei mit komplementären Mustererkennungsrezeptoren. Bei den mRNA-basierten Impfstoffen wird die PAMP-mRNA nämlich von mehreren dieser Rezeptoren erkannt.
Bei hochpathogenen Viren kann die IFN-Erzeugung mitunter exzessiv sein und zu einem pathogenen „Zytokinsturm“ führen. Jedoch sei dies bei SARS-CoV-2 wahrscheinlich nicht der Fall, da das Virus die IFN-I-Produktion antagonisiert, meinen die Autoren. Daher scheine es unwahrscheinlich, dass die übermäßige Produktion von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-6 IFN-I-vermittelt ist. Dies impliziere, dass die Schwere der Erkrankung bei diesen Patienten mit einem Mangel an IFN-I während der frühen Stadien der Infektion verbunden sei.
Bisher konnten zwar keine direkten Hinweise auf die IFN-I-Produktion nach einer Impfung gegen COVID-19 gefunden werden, jedoch sei dies mehr als wahrscheinlich, da bereits bekannt ist, dass andere mRNA-Impfstoffe starke Induktoren von IFN-I sind, so die Autoren. Daher stelle sich die Frage, ob eine starke IFN-I-Produktion für die Nebenwirkungen von COVID-19-Impfstoffen verantwortlich ist.
IFN-I wird bereits seit vielen Jahren therapeutisch eingesetzt, derzeit zur Behandlung von Hepatitis B und C und Multipler Sklerose. In diesem Zusammenhang ruft die Injektion von IFN-I die gleichen Symptome von Fieber, Kopfschmerzen und Müdigkeit hervor wie die aktuellen COVID-19-Impfstoffe. Da die IFN-I die Synthese vieler verschiedener Zytokine und Chemokine stimuliert, ist jedoch unklar, welche dieser nachgelagerten Wirkungen für die Symptome verantwortlich sind, heißt es im Artikel.
Insgesamt sei es sehr wahrscheinlich, dass die Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe einfach ein Nebenprodukt eines kurzen Ausbruchs der IFN-I-Erzeugung sind, der mit der Induktion einer wirksamen Immunantwort einhergeht. Vor diesem Hintergrund sei laut der Autoren die Müdigkeit und der Kopfschmerz nach der COVID-19-Impfung als positiv anzusehen, denn er ist ein notwendiger Auftakt für eine wirksame Immunantwort. Zudem sind die Nebenwirkungen fast immer mild und temporär und zeigen, dass der Impfstoff seine Aufgabe erfüllt.
Deutlich wird auf jeden Fall, dass noch viel Spielraum zur Erforschung der Ursachen besteht. Untersuchungen in dem Bereich können auch für die Entwicklung zukünftiger Impfstoffe, das Verständnis des Aufkommens von Nebenwirkungen von Impfungen und bei der Bekämpfung zukünftiger Pandemien von Vorteil sein.
Bildquelle: Talles Alves, unsplash