Bei einem Patienten wird COVID-19 diagnostiziert, kurz darauf stirbt der Mann. Er ist als Spender registriert – kann seine Lunge trotzdem noch verwendet werden?
Ein 89 Jahre alter Mann wird nach vier Tagen Fieber, Husten, Übelkeit und Erbrechen als Notfallpatient aufgenommen. Ein Rachen-Nasen-Abstrich bestätigt die Diagnose: COVID-19. Zwei Tage nach der Aufnahme wird der Patient auf die Intensivstation aufgenommen und therapiert. Fünf Tage nach der Krankenhauseinlieferung und neun Tage nach Beginn der Symptome verstirbt der Patient an COVID-19. Doch als Spender kann bei ihm 105 Tage nach Beginn der Symptome eine Doppellungentransplantation erfolgreich durchgeführt werden, berichtet The Lancet Respiratory Medicine.
Obwohl wiederholte quantitative RT-PCR-Analysen der Spender Nasopharynx-Abstriche negativ waren, wurde mittels single molecule fluorescence RNA in situ hybridisation RNA des SARS-CoV-2 N-Gens aus einer Biopsie der rechten Lunge während der Organgewinnung nachgewiesen. Die Viruskultur dieser Biopsie war jedoch negativ und es kam auch zu keiner Übertragung von Spender zu Empfänger.
Im Nachweis wurde die Biopsie der Spenderlunge mit der eines verstorbenen Patienten mit akuter COVID-19-Infektion verglichen. Dabei ist die SARS-CoV-2-RNA des N-Gens (A,C) und des S-Gens (B,D) in rot und Basigin in grün zu erkennen. Die gepunkteten Spuren kennzeichnen Bereiche mit bruchstückartigem Gewebe, das Färbungen für SARS-CoV-2 N oder S und für BSG enthält.
„Bei diesem Fall handelt es sich nach unserem Kenntnisstand um den ersten Bericht über eine langfristige Persistenz von über 100 Tagen von SARS-CoV-2-RNA im Lungengewebe eines immunkompetenten Patienten nach der Rekonvaleszenz von COVID-19“, schreiben die Autoren. Das bruchstückartige Gewebe, das SARS-CoV-2-RNA enthielt, könnte aus degenerierten Endothelzellen bestehen, die sich von Gefäßwänden abgelöst hatten, heißt es im Artikel. Dabei vermuten sie, dass diese Gewebsstücke die SARS-CoV-2-RNA vor dem Abbau schützen.
Somit zeigt sich, dass obwohl die Nasen-Rachen-Abstriche und die bronchalveläre Lavageflüssigkeit keine Indizien für SARS-CoV-2-RNA aufzeigten und nur auf wenige Woche beschränkt waren, persistierte die Virus-RNA weitere 105 Tage im Lungenparenchym nach Beginn des milden symptomatischen COVID-19-Verlaufs. Trotzdem befindet sich der Empfänger zum Zeitpunkt der Publikation in bester Gesundheit, somit scheint die Persistenz zunächst belanglos.
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