Der Kreatininwert eines 78-jährigen Mannes deutet auf ein akutes Nierenversagen hin. Doch anamnestisch und in Laboruntersuchungen finden die Ärzte keine Ursache – bis sie noch einmal genauer nachfragen.
Ein 78-jähriger Mann mit einer bekannten chronischen Niereninsuffizienz (CKD) kommt mit einem auffällig hohen Kreatininwert von 6.52 mg/dL in die Notaufnahme eines Krankenhauses. Der Ausgangswert hatte bei dem Patienten vor drei Monaten noch bei 1,9 mg/dL gelegen. In der medizinischen Vorgeschichte des Mannes sind ein Morbus Alzheimer sowie eine benigne Prostatahyperplasie mit erhöhtem Restharnvolumen bekannt. Daher legen die Ärzte in der Notaufnahme zunächst einen Foley-Katheter, um eine möglicherweise zugrundeliegende obstruktive Uropathie auszuschließen. Darüber hinaus hatte der Patient vor einiger Zeit Nierensteine, die jedoch per Lithotripsie behandelt wurden. Ein Ultraschall in der Notaufnahme gibt außerdem keine Anhaltspunkte für ein erneutes Steinleiden.
Die Ehefrau berichtet, dass ihr Mann zwar keinen besonders großen Appetit hätte, jedoch ausreichend trinken würde. Die körperliche Untersuchung ist unauffällig, eine Urinuntersuchung zeigt gelblich-trüben Urin mit einer leichten Bakteri- und Proteinurie (100 mg/dL). Die Ärzte nehmen den Patienten daraufhin stationär ins Krankenhaus auf und ordnen weitere serologische Tests an, doch diese sind alle unauffällig. Es bleibt die Frage: Wie kommt es zu dem erhöhten Kreatininwert?
Es folgt eine Biopsie aus der linken Niere. Unter dem Mikroskop zeigen sich unzählige farblose intratubuläre Kristalle in Verbindung mit einem fokalen Ödem und interstitiellen Entzündungszeichen, weshalb die Pathologen von Calciumoxalatkristallen ausgehen.
Die Elektronenmikroskopie zeigt zudem Anzeichen einer Ischämie. In der Zusammenschau schließen die Pathologen daher auf ein akutes Nierenversagen mit ausgedehnter Calciumoxalatablagerung. Nur wie es dazu kommen konnte, wissen die behandelnden Ärzte nach wie vor nicht – doch sie haben eine Idee.
Sie befragen den Patienten noch einmal detaillierter zu seiner Ernährung und finden dabei tatsächlich den entscheidenden Hinweis: Der 78-Jährige isst seit kurzem sehr viel grünes Gemüse und war sich dabei wohl nicht des hohen Oxalatgehaltes bewusst. Dieser erklärt jedoch die Entstehung der Nephropathie. Trotz medizinischer Behandlung verschlechtern sich die Nierenwerte zunehmend, sodass schließlich keine andere Option bleibt, als eine Hämodialyse zu beginnen.
Text- und Bildquelle: Mahmoud et al. / Journal of Medical Case Reports Bildquelle: Nathan Nugent, unsplash