Mithilfe von modernen Mikroskopieverfahren konnten Kalziumkanäle mit weniger als einem Mikrometer Durchmesser beobachtet werden. Die meisten Kalziumkanäle im Bereich der präsynaptischen Membran sind demnach sehr mobil und ändern ständig ihre Position.
Bei der Übertragung von Informationen spielt Kalzium in Nervenzellen eine wichtige Rolle. Die Öffnung von Kalziumkanälen initiiert die Freisetzung von Neurotransmittern und somit die Kommunikation synaptisch verbundener Nervenzellen, doch wie organisiert sind diese Kanäle in der präsynaptischen Membran? Forscher um Dr. Martin Heine vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) in Magdeburg schließen aus den gewonnenen Kenntnissen, dass das molekulare Zusammenspiel innerhalb der Synapsen sehr dynamisch ist. Experimentelle Befunde und computergestützte Simulationen legen zudem nahe, dass diese Mobilität wesentlich zu einer konstanten synaptischen Signalübertragung beiträgt. „Die Kalziumkanäle müssen an der Stelle sein, wo sie gebraucht werden. Ihre Anpassungsfähigkeit ist sehr wichtig, damit die Synapsen funktionieren. Schließlich erfolgt die Signalübertragung innerhalb von Millisekunden“, erklärt Studienleiter Martin Heine. Methodisch haben die Wissenschaftler in dieser Arbeit mit der Lokalisations- und der STED-Mikroskopie gleich zwei moderne Verfahren angewendet, deren Entwicklung im vergangenen Jahr mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Durch diese Verfahren können die Kanäle in Strukturen mit deutlich weniger als einem Mikrometer Durchmesser beobachtet werden. Elektrophysiologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen komplementieren die Ergebnisse. „Unsere Vorgehensweise lässt Aussagen über Kalziumkanäle in Synapsen zu, die über die auf biochemischen, zellanatomischen und physiologischen Befunden beruhenden Erkenntnisse hinausgehen und diese zum Teil in einem anderen Licht erscheinen lassen“, so Heine.
Die Studie gibt neue Einblicke in das Schaltverhalten neuronaler Synapsen, die die Basisstruktur neuronaler Kommunikation darstellen. Sie bietet zudem Anknüpfungspunkte für Untersuchungen neurologischer Krankheiten wie Migräne, Depression oder Epilepsie. Zukünftig wollen die Forscher mithilfe der Lokalisationsmikroskopie und elektrophysiologischen Methoden näher untersuchen, inwieweit die Dynamik der Kalziumkanäle Gegenstand von Regulationsmechanismen ist, die beispielsweise bei Lernprozessen oder auch unter pathologischen Umständen die synaptische Übertragung im Gehirn beeinflussen. Originalpublikation: Mobility of Calcium Channels in the Presynaptic Membrane Martin Heine et al.; Neuron, doi: 10.15252/emmm.201404571; 2015