Verkrampft sitzt die Patientin vor mir, ich ahne, worauf es hinausläuft: Eine Blasenentzündung. Welche Phytopharmaka ich als Urologin empfehle und warum mehr Wasser trinken sogar schaden kann, lest ihr hier.
Wiederkehrende Harnwegsinfektionen sind in der Praxis einer Urologin ein häufiges Problem. Hier kommen Frauen, die schon zwei verschiedene Antibiotika eingenommen und immer noch Beschwerden haben, genauso wie völlig verzweifelte Frauen, die seit Jahren immer wiederkehrende Blasenentzündungen in monatlichen Abständen aufweisen. Leider habe auch ich kein Patentrezept, möchte aber versuchen, hier mal einen kleinen Einblick zu geben, wie ich vorgehe. Ich möchte mich im Weiteren auf nicht schwangere Frauen beschränken.
Laut Leitlinie wird eine rezidivierende untere Harnwegsinfektion angenommen, wenn mindestens zwei unkomplizierte, aber symptomatische Harnwegsinfektionen in 6 Monaten oder mindestens 3 Infektionen in einem Jahr bestehen. Die Inzidenz wird mit 1–5 % bei jungen Frauen und bis zu 16 % bei älteren, postmenopausalen Frauen angegeben und stellt somit ein häufiges Problem dar.
Typische Symptome eines Harnwegsinfektes sind Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie, Algurie), häufiges Wasserlassen (Pollakisurie), oft kombiniert mit einem imperativen Dranggefühl (Urge) oder Schmerzen im Bereich der Symphyse.
Davon abzugrenzen ist zum einen die asymptomatische Bakteriurie, die – liegen keine komplizierenden Faktoren vor – nicht behandlungsbedürftig ist. Und zum anderen die obere Harnwegsinfektion (Pyelonephritis), die mit Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen, einem allgemeinen Krankheitsgefühl und ggf. mit Übelkeit und Erbrechen einhergeht und dringend antibiotisch behandelt werden muss.
Wichtig ist zunächst einmal die Anamnese. Hat die Patientin bei der Vorstellung jetzt gerade Beschwerden und welche sind das? Lasst euch die Beschwerden genau schildern und fragt auch nach Veränderungen im zeitlichen Ablauf.
Also ein banales Beispiel: Nach Schmerzen bei Miktion und zwei verschiedenen Antibiosen besteht jetzt eher ein unangenehmes Gefühl in der Scheide und Juckreiz. Hier würde sich der Verdacht auf einen Scheidenpilz nach Antibiotikagabe aufdrängen. Erzählt die Patientin, das habe sie immer nach Antibiotikagabe, kann man – nach entsprechender Behandlung mit lokalen Antimykotika – gut mit Vaginalzäpfchen zum Scheidenaufbau helfen. Hier wäre die Empfehlung, diese bei der nächsten Antibiotikagabe auch schon prophylaktisch anzuwenden.
Bei Patientinnen ohne lange Vorgeschichte, nach vorangegangener Antibiose und Restbeschwerden bei Miktion sollte man zunächst einmal fragen, welches Antibiotikum gegeben wurde, ob es eine Keim- und Resistenzbestimmung gab und was die Patientin selbst schon eingenommen (Phytotherapie) hat. Je nach Urinbefund, Beschwerdebild und Patientenwunsch kann man eine Phytotherapie für leichtere Restbeschwerden empfehlen. Im Zweifel und bei deutlichen Befunden sollte spätestens jetzt eine Keimbestimmung mit Resistogramm durchgeführt werden und eine resistenzgerechte antibiotische Behandlung erfolgen.
Manche Patientinnen schildern, dass die Beschwerden nach einem ersten Antibiotikum besser wurden, aber ein zweites nicht geholfen hätte – oder umgekehrt – und der Hausarzt sie daher geschickt hat. In der Praxis zeigt sich, dass z. B. Fosfomycin zwar wenig Resistenzen hat, aber der Infekt nach der empfohlenen Einmalgabe manchmal wiederkehrt und ein zweites Antibiotikum nicht wirksam war. Nach Definition wäre dies dann ein rezidivierender Harnwegsinfekt, de facto ist es aber ein nicht behandelter Infekt, der möglichst nicht chronifizieren sollte. Hier sollte resistenzgerecht therapiert, der Urin einige Tage nach beendeter Therapie kontrolliert und die Patientin auch gefragt werden, ob alle Beschwerden abgeklungen sind; ggf. empfehle ich dann noch die anschließende Phytotherapie für einige Tage.
Schwieriger ist die Lage bei Patientinnen, die völlig verzweifelt vor einem sitzen, weil sie jeden Monat einen Infekt haben. Hier beinhaltet die Anamnese Fragen zur Vorgeschichte (Kindheit, operative Therapien, Darmerkrankungen, Hormonumstellungen im zeitlichen Zusammenhang), ob die Patientin selbst eine Idee hat, wann und wieso Harnwegsinfekte auftreten, aber auch, wer diese diagnostiziert hat und was bisher gemacht wurde. Nachfragen sollte man gezielt nach zeitlicher Abhängigkeit vom Geschlechtsverkehr, Partnerwechsel, sexuell übertragbaren Erkrankungen, aber auch nach Medikamenten, speziell nach Schmerzmitteln, antihormoneller Therapie bei Mammakarzinom, immunsuppressiven Therapien und der Einnahme der Pille.
Auch wenn man nicht sicher ist, ob die Patientin wirklich Harnwegsinfekte hatte, sollte man eine Diagnostik anstreben. Bei Beschwerden im Bereich der äußeren Scheide ist manchmal ein Lichen sclerosus verantwortlich. Einige Frauen schildern, dass sie früher typische Beschwerden mit Brennen hatten, heute falle aber ein Infekt nur noch durch ein Druckgefühl, vermehrtes Wasserlassen und/oder den Geruch auf. Auch hier sollte eine Diagnostik erfolgen.
Zu einer Diagnostik gehört mindestens die Urindiagnostik mit Beurteilung des Sediments, ggf. eine Keimbestimmung mit Resistogramm, eine Inspektion der Scheide, eine Sonographie der oberen Harnwege, eine Sonographie mit voller Blase und mit einer Restharnbestimmung.
Vor allem bei älteren Patientinnen bin ich mit der Indikation zu einer Zystoskopie sehr großzügig. Sie ist bei Frauen wenig invasiv, einfach durchzuführen und ähnlich unangenehm wie eine gynäkologische Untersuchung. Man kann aber Blasentumore weitgehend ausschließen, Zeichen einer chronischen Entzündung der Blase (Cystitis cystica) erkennen, Hinweise für eine interstitielle Zystitis bekommen und eine Trabekulierung der Blase beurteilen. Die Zystoskopie sollte im Intervall durchgeführt werden und nicht während eines akuten Infektes.
Erkennt man auslösende Faktoren, so wäre es natürlich ideal, diese zu vermeiden bzw. zu therapieren. Leider ist dies nicht immer möglich (Hormontherapie bei Mammakarzinom) oder sinnvoll bzw. gewünscht. So wird in der Leitlinie darauf hingewiesen, dass sexuelle Abstinenz die Rate an rezidivierenden Harnwegsinfekten senkt. Das ist aber natürlich nicht das, was die Patientinnen wollen, zumal manchmal schon die Partnerschaft unter den gehäuften Harnwegsinfekten leidet.
Hier sollte man zunächst einmal nachfragen, ob die Problematik auch unter der Benutzung eines Kondoms auftritt. Tut sie das nicht, so wäre eine Untersuchung des Partners bzw. dessen Ejakulates angezeigt. Dies ist jedoch nicht so häufig wie meist angenommen wird. Ob das berühmte Wasserlassen direkt nach dem Geschlechtsverkehr die Rate an Harnwegsinfekten wirklich senkt, weiß man nicht.
Bei den allgemeinen, schon seit Jahren bekannten Empfehlungen hat sich die Empfehlung der Trinkmenge geändert. Hier sollte eine Urinmenge von 1,5 Litern/Tag erreicht werden, aber auch nicht viel mehr, da sonst die körpereigenen, das Bakterienwachstum hemmenden Substanzen zu stark verdünnt werden. Bei der Ernährung scheinen Säfte von Beeren und probiotisch fermentierte Milchprodukte gut zu sein.
Bei Patientinnen mit rezidivierenden Harnwegsinfekten gilt meist schon das, was unsere Omas gesagt haben: Halt dich warm, keine kalten Füße, wechsle den nassen Badeanzug sofort. Viele, gerade ältere Frauen, sagen: „Aber ich halte mich doch sauber“. Hier finde ich es wichtig, den Frauen zu erklären, dass Sie nicht schuld sind an den rezidivierenden Infekten und darauf hinzuweisen, dass übertriebene Genitalhygiene eher die normale Flora schädigt.
Hier möchte ich doch zunächst einmal erwähnen, dass auch wieder sehr „alte“ Mittel plötzlich gehypt werden, die lange Zeit durch die breite Verwendung von neueren Antibiotika belächelt wurden. Das nennt man dann wohl Paradigmenwechsel.
Cranberries: Sie sollen v. a. durch Proanthocyanidin die bakterielle Adhäsion hemmen, die Studienlage ist widersprüchlich. Große Mengen von hochprozentigem Saft werden auch nach meiner Erfahrung oft nicht gut vertragen. Daher bieten sich Kapseln oder Tabletten an. Die empfohlene Menge liegt bei 36 mg Proanthocyanidin/Tag. Die ursprünglich große Hoffnung, die in die Präparate gesetzt wurde, hat sich meiner Meinung nach nicht erfüllt, auch wenn die Präparate sicher eine Berechtigung haben.
D-Mannose: Der Zucker kann frei gekauft werden und verhindert ebenfalls eine Adhäsion der Bakterien, indem er den FimH-Rezeptor der Typ 1 Pili uropathogener Enterbacteriaceae besetzt. Er wird in der Leitlinie empfohlen und ist auch meines Erachtens ein deutlicher Zugewinn unter den Therapieoptionen. Zur Therapie wird er in der Dosierung 2–3 x 2 g/Tag eingesetzt, in der Prophylaxe einmalig 2 g.
Meerrettichwurzelextrakt und Kapuzinerkresse: Das auf dem Markt erhältliche Kombipräparat eignet sich auch für eine längere Therapiedauer, sollte aber zum Essen eingenommen werden, da es sonst, nach meiner Erfahrung, teilweise zu gastroenteralen Beschwerden führt.
Pflanzliche Mischpräparate: Die Studienlage für weitere Mischpräparate wie Nieren- und Blasentees oder Kapseln ist nicht gut. Die Mischungen beinhalten oft Brennessel, Birkenblätter, Goldrute, Orthosiphonblätter, Tausendgüldenkraut, Hauhechel und weitere Kräuter. Oft haben sie eine geringe diuretische Wirkung. Vor allem die seit Jahren bewährten Mittel haben jedoch meiner Meinung nach durchaus ihre Berechtigung.
Bärentraubenblätter: Sie gibt es in Reinform als Tee oder als Dragees und in Mischpräparaten zu kaufen. Das in den Blättern enthaltene Arbutin/Methylarbutin wird im Körper zu Hydrochinon umgewandelt. Die Wirkung ist im alkalischen Urin am besten. Die meisten Hersteller empfehlen, das Produkt nicht länger als 5–7 Tage und höchstens 5 x im Jahr einzunehmen. Die Leitlinie empfiehlt nicht länger als einen Monat. Nebenwirkungen können Übelkeit und Erbrechen sein, bei langfristiger Anwendung könnte eine Leberschädigung auftreten. Die Präparate sind in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert, da eine Genotoxizität diskutiert wird. Nach meiner Erfahrung ist es in der Akuttherapie durchaus gut wirksam.
Ansäuern des Urins mit L-Methionin zur Prophylaxe: In der Leitlinie wird die Studienlage als widersprüchlich beschrieben. Ich habe damit keine Erfolge erzielt und nutze das Präparat nicht mehr.
Propolis: Der Wirkstoff aus der Imkerei wird in Form von Kapseln verkauft, es wird in der Leitlinie nicht erwähnt, da es erst später auf den Markt gekommen ist. Ich habe damit bisher keine Erfahrung gemacht.
Lokale Estriol-Substitution: Die Wirksamkeit (von 0,5 mg Estriol/Tag) ist bei postmenopausalen Frauen gut belegt und die Medikamente sind zur Therapie der vaginalen Atrophie zugelassen. Sie verringern die vaginale Besiedlung mit unerwünschten Keimen und den vaginalen pH-Wert. Obwohl es keine Hinweise auf ein erhöhtes Mammakarzinomrisiko oder dessen Progression gibt, wende ich die Präparate bei Vorliegen eines Mammakarzinoms nicht an, zumal es als Gegenanzeige in der Fachinfo erwähnt wird. Bei Frauen mit einer deutlichen Atrophie kommt es bei Beginn der Therapie oft zu lokalen Beschwerden, hier hilft es, mit einer geringeren Dosierung und Salbe zu beginnen.
Laktobazillen: Die vaginale oder orale Gabe von Laktobazillen konnte die Rezidivrate in einer Metaanalyse nicht senken, während eine Vergleichsuntersuchung gegen 480 mg Cotrimoxazol zur Langzeitprävention keinen Unterschied in beiden Gruppen zeigte.
GAG-Schicht-Präparate: Diese Substanzen (Pentosanpolysulfat/Chondroitinsulfat/Hyaloronsäure) werden bei der interstitiellen Zystitis als Instillationen in die Blase angewendet. Sie bauen die Glycosaminglykanschicht der Blasenschleimhaut auf. In einer Studie konnte die Rezidivhäufigkeit bei Harnwegsinfekten gesenkt werden, das Studien-Präparat ist in Deutschland jedoch nicht im Handel. Nach meiner Ansicht ist diese Therapieoption nur in ausgewählten Einzelfällen zu empfehlen. Die Präparate sind relativ teuer.
Uro-Vaxom®: Das orale Immunstimulanz besteht aus Fragmenten verschiedener E.-coli-Stämme, die über Monate nach einem vorgegebenen Schema eingenommen werden. Die Rezidivrate wird um ca. 40 % gesenkt, dies entspricht auch ungefähr meiner Erfahrung. Wichtig ist die Einnahme auf nüchternen Magen, mindestens eine halbe Stunde vor dem Frühstück.
Strovac®: Die Substanz besteht aus inaktivierten Keimen von E. coli, Morganella, Proteus, Klebsiellen und Enterococcus und deckt somit die häufigsten Harnwegserreger ab. Die Basis-Impfung besteht aus 3 i.m.-Injektionen im Abstand von 1–2 Wochen und einer Auffrischungsimpfung nach einem Jahr. Die Senkung der Rezidivrate wird mit 26–93 % angegeben, nach meiner Erfahrung profitieren 50–70 % der Patienten davon. Allerdings kommt es öfter unter der Impfung nochmals zu einem Infekt, Schmerzen im Bereich der Einstichstelle sind gängig und einzelne Patientinnen reagieren heftig mit Fieber, Schüttelfrost und Allgemeinsymptomen.
Autovaccine: Aus körpereigenem Material wird eine auf den Patienten abgestimmte Vakzine hergestellt. Die Anwendung ist auch oral oder nasal möglich. Dieses Verfahren hat keine Bewertung in den Leitlinien und bisher auch keinen Eingang in die Schulmedizin gefunden, kann aber m. E. als individueller Heilversuch angedacht werden.
Hier kennt die Leitlinie 3 Formen der antibiotischen Therapie:
Schaut man sich die Tabelle mit den vorgeschlagenen Therapeutika in der Leitlinie an, so sollte man die Spalte mit den Kollateralschäden beachten. Hier gilt: Ein + ist besonders schädlich, während +++ wenig Selektion multiresistenter Erreger nach sich zieht. Dies ist der Grund, warum ich die vorgeschlagenen Cephalosporine und Fluorchinolone meide. Bei Nitrofurantoin sollte man beachten, dass es auf der PRISCUS-Liste potentiell inadäquater Medikation für ältere Menschen steht.
Nach der Anamnese, Medikamentenanamnese, körperlichen Untersuchung, Sonographie, Urinuntersuchung sowie Beurteilung der alten und neuen mikrobiologischen Befunde hat man oft schon eine Ahnung, ob weitere Untersuchungen (z. B. Labor, Zystoskopie) notwendig sind oder nicht.
Wenn ein akuter Infekt bei der Erstvorstellung vorliegt, veranlasse ich immer eine mikrobiologische Untersuchung. Ich verordne dann meistens ein resistenzgerechtes Antibiotikum und empfehle anschließend die Phytotherapie in einer höheren (therapeutischen) Dosierung für 2–3 Wochen, um aus der Infektschiene herauszukommen. Je nach mikrobiologischem Befund arbeite ich gerne mit D-Mannose und/oder Meerrettichwurzelextrakt und Kapuzinerkresse. Bei manchen Patientinnen reicht dies schon aus.
Bei jungen Frauen und unauffälligen Untersuchungen mit relativ wenigen Harnwegsinfekten im Jahr (3–6) und ohne akuten Infekt beginne ich meist mit einer Phytotherapie zur Prophylaxe. Sollte dies nicht ausreichen, kann man über die Impfungen beraten. Ist die Problematik auch mit Kondom vom Geschlechtsverkehr abhängig, kann man eine Einmalgabe eines Antibiotikums nach Verkehr für 2–3 Monate besprechen. Dies setzt aber voraus, dass man vorher nach der Häufigkeit desselben gefragt hat, um eine zu hohe Dosierung zu vermeiden. Man kann auch ein Phytotherapeutikum vor/nach Verkehr versuchen, allerdings gibt es hierzu keine mir bekannten großen Studien. Die Wahl des Antibiotikums sollte meines Erachtens auch hier immer auch auf Grundlage von Resistogrammen und ggf. Kontraindikationen erfolgen.
Wird eine Mikropille schon länger eingenommen und besteht auch eine Scheidentrockenheit, kann entweder das Verhütungsmittel gewechselt werden oder eine lokale Östrogenisierung auch bei prämenopausalen Frauen erfolgen.
Oft berichten junge Frauen auch über vermehrte vaginale Infekte oder über Antibiose bei Harnwegsinfekt, anschließend vaginale Pilzbehandlung und wieder von vorne. Hier kann man gut mit Phytotherapie, vaginalen Laktobazillen, ggf. oralen Laktobazillen eingreifen. Generell bin ich auch ein Freund von der zusätzlichen Gabe von Darmbakterien, um die Flora wieder aufzubauen. Manchmal ist auch ein Abstrich der Harnröhre sinnvoll, um STI ein- oder ausschließen zu können.
Laut Leitlinie kommt es nicht zu vermehrten Häufungen von Harnwegsinfekten unter Gliflozinen. Hier würde ich jedoch Kontakt mit dem Diabetologen aufnehmen.
Entschließe ich mich zu einer Zystoskopie (meist bei älteren Patientinnen gleich zu Beginn) findet man bei postmenopausalen Frauen öfter eine Cystitis cystica. In der Blase finden sich teilweise oder überall winzige kleine Bläschen, die aussehen wie ein einzelliger Polyp. Diese Frauen klagen häufig über unspezifischen Druck und eine Pollakisurie, ohne dass das Urinsediment besonders auffällig ist. Hier greife ich eher mal zur antibiotischen Langzeitprophylaxe über 3–6 Monate – falls möglich nach Resistogramm. Gerne wiederum mit anschließender Phytotherapie.
Man geht heute davon aus, dass oft latente intrazelluläre E.-coli-Bakterien durch Trigger zum Aufflackern eines Infektes führen. Daher versuche ich, in diesen Fällen eine längere Behandlung einzuleiten. Je nach Anamnese kombiniere ich dies gerne mit einer lokalen Östrogenisierung, da man weiß, dass – wohl über eine Verschiebung des Blasenmikrobioms – eine Verbesserung der Rezidivrate zustande kommt.
Manchmal sieht man auch Blasenveränderungen im Sinne von vermehrten Gefäßinjektionen, kleineren Polypen und roten Stellen. Hier muss man immer auch an ein Blasenkarzinom, ggf. ein Carcinoma in situ, denken und den Befund zumindest kontrollieren oder ggf biopsieren lassen. Auch fließende Übergänge zu einer interstitiellen Zystitis kommen vor. Hier kommen dann auch einmal GAG-Instillationen zum Einsatz oder die Überweisung in ein entsprechendes Zentrum.
Hatte die Patientin schon andernorts eine Zystoskopie, so lohnt doch manchmal noch ein Blick auf die Scheide. Manchmal ist ein Lichen sclerosus schuld an den Beschwerden, der dann entsprechend therapiert werden sollte. Oder man erkennt eine deutliche Senkung.
Die früher beliebten Harnröhrenerweiterungen durch eine Urethrotomia interna werden nur noch bei echten Harnröhrenverengungen durchgeführt. Geht ein Standardzystoskop durch die Harnröhre, so ist die Indikation nicht gegeben. Die Bedeutung der Harnröhrenweite wurde früher überschätzt.
Die Patientinnen haben oft einen erheblichen Leidensdruck mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität. Auch wenn man nicht jeder Patientin helfen kann, so sollte man dies ernst nehmen und zumindest versuchen, eine Verbesserung zu erreichen. Hierzu ist eine gute Kommunikation unabdingbar, auch um klarzustellen, dass man leider kein Wundermittel in der Schublade hat.
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