Ersten Statistiken zufolge ist der Absatz von Notfallkontrazeptiva stark angestiegen, seit Patientinnen hierfür keine ärztliche Verordnung mehr benötigen. Erste Politiker wittern deshalb einen gefährlichen Trend – zu Recht?
Tendenz steigend: Laut Untersuchungen des Marktforschungsunternehmens IMS Health haben öffentliche Apotheken in der zwölften Kalenderwoche rund 13.500 Packungen mit Notfallkontrazeptiva abgegeben. Auf einen vollen Monat umgerechnet, entspricht das 54.000 Packungen. Zum Vergleich: Im März 2014 waren es noch 41.000 Gebinde – damals mussten Kundinnen noch eine ärztliche Verordnung präsentieren. Rein rechnerisch spricht IMS Health von einer Steigerung um 31 Prozent.
Im Untersuchungszeitraum griffen Apotheker vor allem zu EllaOne® mit Ulipristal. Die PiDaNa® mit Levonorgestrel wanderte seltener über die HV-Tische. Möglicherweise waren Kollegen wegen der unklaren Rechtslage noch vorsichtig – beispielsweise aufgrund noch nicht umgestellter Packungen.
Trotz des aktuellen Hypes erwartet der Hersteller HRA Pharma im Jahresdurchschnitt eher geringe Zuwächse. HRA-Deutschlandchef Klaus Czort zufolge gebe es in Deutschland aber einen Bedarf für Risikosituationen, sprich Verhütungspannen aller Art. Czort schätzt hier 2,4 Millionen Packungen pro Jahr als Bedarf. Davon sei man mit zuletzt 400.000 Packungen im Jahr noch sehr weit entfernt, so Czort weiter.
Angesichts der aktuellen Zahlen melden sich Gesundheitspolitiker zu Wort. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnte jetzt vor einem sorglosen Umgang mit der „Pille danach“. Durch die Rezeptfreiheit dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Einnahme bedenkenlos möglich sei, so Huml weiter. „Es handelt sich dabei um ein stark wirksames Arzneimittel, das gravierend in den Hormonhaushalt der Frauen eingreift.“ Sie hält vor allem bei minderjährigen Frauen eine ärztliche Beratung und Untersuchung für sinnvoll. Auf keinen Fall sollte das Medikament regelmäßig als alternatives Verhütungsmittel eingesetzt werden - ein Wink in Richtung Apothekerschaft.
Grund zur Klage gibt es nicht: Entgegen gynäkologischer Bedenken beraten Apotheker lege artis. Mehrere Testkäufer fanden auch kein Haar in der Suppe. Alle Kollegen arbeiten streng nach Handlungsempfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK).