Immunsupprimierte könnten besonders von einem Booster-Shot mit einem mRNA-Vakzin profitieren. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor. Der Impfstoff von AstraZeneca schnitt im Vergleich schlechter ab.
Dialysepflichtige Patienten, die den Impfstoff von Biontech erhalten haben, produzieren mehr neutralisierende Antikörper, als diejenigen, die mit dem Vektor-Vakzin von Astra-Zeneca geimpft wurden. Das geht aus Ergebnissen hervor, die letzte Woche in The Lancet veröffentlicht wurden.
Ab dem Herbst sollen immungeschwächte Patienten in vielen Ländern bereits Boosterimpfungen gegen SARS-CoV-2 erhalten. Damit für sie der bestmögliche Schutz gewährleistet werden kann, haben Forscher aus Großbritannien ihre neusten Ergebnisse jetzt dem dortigen Gemeinsamen Ausschuss für Impfungen und Immunisierung (JCVI) vorgelegt.
Im Rahmen der Studie, die vom Francis Crick Institute und dem Imperial College London geleitet wurde, untersuchte das Forscherteam Blutproben von 178 Patienten, die für eine Hämodialyse in Kliniken vorstellig wurden. Das Projekt soll Patienten aus dem gesamten Vereinigten Königreich einschließen und im Laufe der Zeit insgesamt mehr als 1.000 Patienten erfassen. Die Forscher verwendeten Hochdurchsatz-Virusneutralisationstests, um die Fähigkeit von Antikörpern, den Eintritt des Virus in Zellen zu blockieren, gegen verschiedene Varianten von SARS-CoV-2 zu testen. Auch die Delta-Variante wurde in die Tests eingeschlossen.
Bei Patienten, die zuvor nicht mit SARS-CoV-2 infiziert waren, wiesen diejenigen, die den mRNA-Impfstoff von Biontech erhalten hatten, sechsmal höhere Werte von neutralisierenden Antikörpern gegen die Delta-Variante auf als diejenigen, die mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft worden waren. Die durch den mRNA-Impfstoff induzierten Werte waren mit denen vergleichbar, die bei gesunden Kontrollpersonen nach beiden Impfstoffdosen beobachtet wurden. Bei Patienten, die vor der Impfung Anzeichen einer Infektion aufwiesen, lösten beide Impfstoffe nachweisbare Mengen neutralisierender Antikörper aus.
Die Forscher schließen daraus, dass Patienten, die zuvor nicht infiziert waren und den AstraZeneca-Impfstoff erhalten haben, wahrscheinlich von einer frühen Booster-Impfung eines mRNA-Vakzins profitieren würden.
Edward Carr, Postdoc im Crick-Labor für Zellbiologie und Erstautor der Studie, zeigt sich besorgt: „Leider ist das Risiko durch COVID-19 für Dialysepatienten viel größer als bei Gesunden. Wir haben im Laufe des Projekts in dieser Gruppe eine hohe Zahl von Einweisungen und Todesfällen verzeichnet. Die Menge der neutralisierenden Antikörper, die von Dialyse-Patienten gebildet wird, die den AstraZeneca-Impfstoff erhalten haben, reicht möglicherweise nicht aus, um eine Infektion mit Delta zu verhindern.“ Er ergänzt: „Wichtig ist aber, dass wir feststellen konnten, dass die Patienten ohne vorherige Infektion gut auf mRNA-Impfstoffe ansprechen, und wir können diese Informationen nutzen, um künftige Impfstrategien zu entwickeln.“
Dr. McMahon, Executive Director of Research bei Kidney Research UK erklärt, was die Forschungsergebnisse für die Patienten bedeuten: „Die Ergebnisse kommen genau zum richtigen Zeitpunkt. Wir wissen bereits, dass viele Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen weniger gut auf Impfstoffe ansprechen, als die Allgemeinbevölkerung. Die gute Nachricht ist, dass beide Impfstoffe auch diese Menschen vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen. Viele Dialysepatienten müssen jedoch nach wie vor mehrmals pro Woche für Behandlungen ins Krankenhaus und haben daher ein höheres Risiko, sich mit COVID-19 anzustecken.“
Den Forschern zufolge liefert die Studie Beweise dafür, dass eine dritte Dosis eines mRNA-Vakzins so bald wie möglich für alle immungeschwächten Patienten erforderlich ist. Rupert Beale, Leiter des Crick's Cell Biology of Infection Laboratory, ergänzt: „Das Impfprogramm in Großbritannien war ein großer Erfolg, aber die Pandemie ist noch nicht vorbei. Während die meisten Menschen mehr Freiheit genießen, sind viele immungeschwächte Patienten weiterhin anfällig. Unsere Daten deuten darauf hin, dass die Verabreichung einer dritten Dosis notwendig sein wird, um einige dieser Patientengruppen zu schützen.“
Hier findet ihr die Ergebnisse von Edward Carr und seinen Kollegen.
Bildquelle: Jean-Philippe Delberghe, unsplash