Der Entwurf für den Koalitionsvertrag von Union und SPD steht. Pläne für eine Bürgerversicherung kommen darin nicht vor. Ob es dennoch zur Angleichung der Arzthonorare für die Behandlung von privat und gesetzlich Versicherten kommen wird, bleibt unklar.
Frühere Minister wie Ulla Schmidt (SPD), Daniel Bahr (FDP) oder Hermann Gröhe (CDU) haben die deutsche Gesundheitspolitik individuell geprägt. Künftig soll Annette Widmann-Mauz (51) das Bundesgesundheitsministerium (BMG) leiten. Zuletzt war sie parlamentarische Staatssekretärin im BMG. Kritiker werfen ihr vor, eine Dienstreise in die USA mehrheitlich als Freizeitvergnügen genutzt zu haben. Und die Tätigkeit als Schirmherrin eines ärztlichen Homöopathiekongresses brachte ihr schnell den Spitznamen „Bundeshomöopathieministerin“ ein. Wenn auch der im Entwurf veröffentlichte Koalitionsvertrag wichtige Themen nennt, bleibt er über weite Strecken inhaltlich vage.
Im Wahlkampf sorgte die Bürgerversicherung für etliche Kontroversen. Jetzt sprechen beide Partner nur noch vom Wunsch, ein „modernes Vergütungssystem zu schaffen, das den Versorgungsbedarf der Bevölkerung und den Stand des medizinischen Fortschritts abbildet“. Um ihr Ziel zu erreichen, will die Bundesregierung in spe Experten beauftragen. „Eine Kommission wird die Einführung einer gemeinsamen Honorarordnung für GKV- und PKV-Patienten vorbereiten, so dass es in Zukunft für Ärzte bei der Wahl der Behandlung keinen Unterschied mehr macht, ob ein Patient privat oder gesetzlich versichert ist“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Fachleute haben bis Ende 2019 Zeit, ein Modell zu entwickeln, an das Union und Sozialdemokraten aber nicht gebunden sind.
Ähnlich vage bleiben die Willenserklärungen zur Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung. Bis 2020 wünschen sich CDU/CSU und SPD Resultate einer Expertengruppe zur Bedarfsplanung, Kodierung oder zur Honorierung. Bereits im Sommer erwarten Politiker ein Gutachten zu Notfallleitstellen und integrierten Notfallzentren. Als Träger sehen sie sowohl die Krankenhausgesellschaften als auch die Kassenärztlichen Vereinigungen in allen Kammerbezirken.
Apropos Versorgung: Um die Situation pflegebedürftiger Patienten zu verbessern, sprechen sich beide Parteien für 8.000 neue Stellen aus. Woher die Pflegefachkräfte kommen, ist eine andere Frage. Zumindest soll der Beruf durch flächendeckende Tarifverträge attraktiver werden. Um bei Kliniken gegen pflegerische Sparmaßnahmen anzugehen, haben Union und Sozialdemokraten die Idee, Fallpauschalen mit einem separaten Posten für Pflegepersonal zu kombinieren.
Der neuen Bundesregierung geht es neben Personalfragen auch um technische Infrastrukturen. Schon beim Fachkongress „eHealth.NRW“ im September 2017 erläuterte Stefan Bales, Ministerialrat im BMG, wie sich sein Haus die weitere Entwicklung vorstellt. Er rechne in der kommenden Legislaturperiode mit einem zweiten E-Health-Gesetz, sagte der Referent. Im Koalitionsvertrag paraphieren beide Seiten zumindest die elektronische Patientenakte als Zielvorgabe. Wann das E-Rezept kommen wird, bleibt ungewiss.
Das Thema Pharmaka spielt dennoch eine Rolle. „Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehören für uns neben einer gut erreichbaren ärztlichen Versorgung auch eine wohnortnahe Geburtshilfe, Hebammen und Apotheken vor Ort“, schreiben SPD und CDU/CSU. „Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein.“ Für Ärzte hat der Passus derzeit wenig Bedeutung – für Apotheker ist er umso wichtiger.
Ob diese Ideen tatsächlich umgesetzt werden, hängt im nächsten Schritt von SPD-Mitgliedern ab. Sie können zwischen dem 20. Februar und 2. März über den Koalitionsvertrag entscheiden. Ausgezählt sollen die Stimmen am 4. März sein.