Auch Patienten mit Vorhofflimmern können von Reha-Sportmaßnahmen profitieren, so das Ergebnis einer neuen Studie. Eine Bewegungsberatung scheint hier nicht auszureichen.
Ein sechsmonatiges Trainingsprogramm hilft dabei, einen normalen Herzrhythmus aufrechtzuerhalten und Symptome bei Patienten mit Vorhofflimmern zu verringern. Das ergibt eine aktuelle Studie, die auf dem ESC-Kongress 2021 vorgestellt wurde.1 „Die ACTIVE-AF-Studie zeigt, dass einige Patienten ihre Herzrhythmusstörungen durch körperliche Aktivität kontrollieren können, ohne dass komplexe Eingriffe wie eine Ablation oder Medikamente erforderlich sind, um ihr Herz in einem normalen Rhythmus zu halten“, so Studienautor Dr. Adrian Elliott von der Universität Adelaide, Australien.
Die häufigsten Symptome der Herzrhythmusstörung sind Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Benommenheit und Müdigkeit – die Lebensqualität von Patienten kann hierdurch erheblich beeinträchtigt werden. Patienten weisen außerdem ein erhebliches Risiko für Schlaganfall und Herzversagen auf. Die weltweite Prävalenz von Vorhofflimmern nimmt rapide zu und wird auf über 30 Millionen Menschen geschätzt.2 Im Schnitt eine von drei Personen hat ein hohes Risiko, im Laufe ihres Lebens unter Vorhofflimmern zu leiden.3
Für Patienten mit koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz wird in den meisten Fällen Rehabilitationssport empfohlen, aber nur wenige Studien haben den Nutzen bei Vorhofflimmern untersucht. Eine Beobachtungsstudie ergab, dass bei Patienten, die über einen Zeitraum von fünf Jahren ihre kardiorespiratorische Fitness verbesserten, die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens von Vorhofflimmern deutlich geringer war.4
Eine randomisierte, kontrollierte Studie konnte zeigen, dass ein 12-wöchiges aerobes Intervalltraining die Zeit, in der Vorhofflimmern auftrat, im Vergleich zur üblichen Behandlung verringerte – die Probandenzahl lag allerdings nur bei 51 und die Nachbeobachtungszeit betrug lediglich vier Wochen.5
Die ACTIVE-AF-Studie untersuchte jetzt die Auswirkungen eines sechsmonatigen Trainingsprogramms, einer Kombination aus begleitetem und selbstständigem aerobem Training, auf das Wiederauftreten von Vorhofflimmern und den Schweregrad von Symptomen während der Intervention und nach sechs Monaten. An der Studie nahmen Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern teil. Patienten, deren normaler Herzrhythmus nicht wiederhergestellt werden kann (permanentes Vorhofflimmern), wurden ausgeschlossen.
Im Rahmen der Studie wurden 120 Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern nach dem Zufallsprinzip sechs Monate lang einer Übungsintervention oder der üblichen Behandlung zugewiesen. Die Intervention beinhaltete ein überwachtes Training (drei Monate lang wöchentlich, dann drei Monate lang vierzehntägig) und einen individuellen Wochenplan, der zu Hause zu absolvieren war. Ziel war es, in den sechs Monaten die aerobe Bewegung auf bis zu 3,5 Stunden pro Woche zu steigern. Die betreuten Sitzungen waren in der Regel von höherer Intensität, um die kardiorespiratorische Fitness zu verbessern, während das Training zu Hause in der Regel eine aerobe Aktivität mittlerer Intensität nach Wahl des Patienten war (z. B. Gehen, Indoor-Radfahren, Schwimmen).
Die Gruppe mit der üblichen Betreuung erhielt eine Bewegungsberatung, aber keine aktive Intervention. Alle Patienten erhielten die übliche medizinische Betreuung durch ihren Kardiologen, der gegenüber der Zuweisung zur Studiengruppe verblindet war.
Die co-primären Endpunkte waren der Schweregrad der Symptome und der Anteil der Patienten mit rezidivierendem Vorhofflimmern nach 12 Monaten. Als rezidivierendes Vorhofflimmern wurden Episoden definiert, die länger als 30 Sekunden andauerten, bei denen eine Ablation durchgeführt wurde oder die eine fortlaufende Behandlung mit Antiarrhythmika erforderten.
Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 65 Jahre und 43 % von ihnen waren Frauen. Nach 12 Monaten war die Rezidivrate in der Übungsgruppe (60 %) signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (80 %), mit einer Hazard Ratio von 0,50 (95 % Konfidenzintervall 0,33–0,78; p = 0,002). Studienautor Elliott erklärt: „Einfach ausgedrückt bedeutet das, dass eine größere Anzahl von Patienten in der Übungsgruppe einen normalen Herzrhythmus beibehalten konnte, ohne dass invasive Eingriffe oder die fortgesetzte Einnahme von Medikamenten erforderlich waren.“ Bei den Patienten der Übungsgruppe verringerte sich nach 12 Monaten auch der Schweregrad ihrer Symptome im Vergleich zur Kontrollgruppe erheblich. „Das bedeutet, dass die Patienten über weniger starkes Herzklopfen, Kurzatmigkeit und Müdigkeit berichteten“, so Elliott.
„Unsere Studie belegt, dass aerobes Training in die Behandlung von Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern aufgenommen werden sollte“, erklärt der Wissenschaftler. Dies solle neben dem Einsatz von Medikamenten unter Anleitung eines Kardiologen und der Behandlung von Übergewicht, Bluthochdruck und Schlafapnoe erfolgen. „Als allgemeine Richtlinie sollten die Patienten versuchen, bis zu 3,5 Stunden pro Woche aerobes Training zu absolvieren und einige Aktivitäten mit höherer Intensität einzubauen, um die kardiorespiratorische Fitness zu verbessern“, rät er.
Quellen
1 Abstract title: An exercise and physical activity program in patients with atrial fibrillation: the ACTIVE-AF randomised controlled trial.
2 Chugh SS, Havmoeller R, Narayanan K, et al. Worldwide epidemiology of atrial fibrillation: A Global Burden of Disease 2010 study. Circulation. 2014;129:837–847.
3 Staerk L, Wang B, Preis SR, et al. Lifetime risk of atrial fibrillation according to optimal, borderline, or elevated levels of risk factors: cohort study based on longitudinal data from the Framingham Heart Study. BMJ. 2018;360:k1453.
4 Pathak RK, Elliott A, Middeldorp ME, et al. Impact of CARDIOrespiratory FITness on arrhythmia recurrence in obese individuals with atrial fibrillation. J Am Coll Cardiol. 2015;66:985–996.
5 Malmo V, Nes BM, Amundsen BH, et al. Aerobic interval training reduces the burden of atrial fibrillation in the short term. Circulation. 2016;133:466–473.
Bildquelle: Pixabay, pexels