Auch nach gut anderthalb Jahren Pandemie reißt die Masken-Diskussion nicht ab. Hilfreich oder überflüssig – was denn nun? Die bisher größte Studie dazu liefert eindeutige Beweise.
Eine großangelegte Studie unter der Leitung von Forschern der Stanford Medicine und der Yale University liefert den Beweis: Das Tragen einer chirurgischen Gesichtsmaske ist ein wirksames Mittel, um SARS-CoV-2-Übertragungen in Gemeinschaften zu verringern.
Die Real-Life-Studie ist insofern bemerkenswert, als dass es sich um die größte randomisierte Studie zum Thema Maskentragen handelt. Bislang gibt es zu dem Thema nur Ergebnisse aus Laborstudien und kleinen geschlossenen Settings wie Krankenhäusern, nicht aber auf Gemeinschaftsebene. Die Ergebnisse wurden am 1. September als Preprint auf der Website von Innovations for Poverty Action veröffentlicht.
Die Forscher nahmen fast 350.000 Menschen aus 600 Dörfern im ländlichen Bangladesch in die Studie auf. Die Dörfer wurden nach dem Zufallsprinzip einer Reihe von Maßnahmen zur Förderung des Tragens von chirurgischen Masken zugewiesen. Dazu gehörten die Verteilung kostenloser Masken an Haushalte, die Bereitstellung von Informationen über ihre Bedeutung und die Förderung ihrer Verwendung in der Gemeinschaft, etwa durch persönliche Ermahnung der Menschen, wenn sie in der Öffentlichkeit keine Maske trugen, und Vorbildfunktion der Gemeindevorsteher. Auch wurde zwischen chirurgischen und Stoffmasken unterschieden. Die Kontrolldörfer erhielten keine Interventionen.
Wie die Forscher herausfanden, nahm das Tragen von Masken unter den rund 178.000 Personen, die zum Maskentragen ermuntert wurden, um fast 30 Prozent zu. Diese Verhaltensänderung hielt auch über 10 Wochen oder länger an. Nach der Einführung des Programms in den Dörfern meldeten die Forscher einen Rückgang der symptomatischen Corona-Infektionen um 11,9 Prozent im Vergleich mit den Kontrolldörfern und eine Verringerung der symptomatischen Seroprävalenz um 9,3 Prozent. Bei den über 60-Jährigen stieg die Schutzwirkung auf fast 35 Prozent.
„Eine 30-prozentige Zunahme des Maskentragens führte zu einem 10-prozentigen Rückgang von Infektionen. Stellen Sie sich also vor, es gäbe eine 100-prozentige Zunahme – wenn jeder eine Maske trüge und wir eine 100-prozentige Veränderung sehen würden“, kommentiert Ko-Autor und Ökonom Mushfiq Mobarak die Ergebnisse.
In den Interventionsdörfern beobachteten die Forscher auch eine leichte Zunahme der körperlichen Distanzierung in öffentlichen Räumen, wie z. B. auf Marktplätzen. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass das Tragen von Masken kein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt, das zu risikofreudigem Verhalten führt. Diese Sorge wurde von der WHO zu Beginn der Pandemie geäußert, bevor das Maskentragen allgemein empfohlen wurde.
In Dörfern mit chirurgischen Masken traten deutlich weniger COVID-19-Fälle auf als in den Kontrolldörfern. Obwohl es auch in Dörfern mit Stoffmasken weniger COVID-19-Fälle gab als in den Kontrolldörfern, war der Unterschied statistisch nicht signifikant. Dieses Ergebnis deckt sich mit Labortests, die zeigen, dass chirurgische Masken eine bessere Filterung aufweisen als Stoffmasken. Allerdings verringerten Stoffmasken insgesamt die Wahrscheinlichkeit, während des Untersuchungszeitraums an Symptomen einer Atemwegserkrankung zu erkranken.
„Unsere Studie ist die erste randomisierte, kontrollierte Studie, die untersucht, ob die Gesichtsmaskierung die Übertragung von COVID-19 auf Gemeindeebene verhindert“, so Ashley Styczynski, Infektiologin an der Stanford University. „Es ist bemerkenswert, dass, obwohl weniger als 50 % der Menschen in den Interventionsdörfern an öffentlichen Orten Masken trugen, wir dennoch eine signifikante Verringerung des Risikos symptomatischer COVID-19-Erkrankungen in diesen Gemeinden feststellen konnten, insbesondere bei älteren, anfälligeren Menschen.“
Bangladesch ist ein dicht besiedeltes Land in Südasien und wurde aus mehreren Gründen als Studienort ausgewählt: Erstens wird die Förderung von Masken in Ländern, in denen eine physische Distanzierung schwierig sein kann, als lebenswichtig angesehen. Zweitens hatte Innovations for Poverty Action Bangladesh bereits einen Forschungsrahmen in dem Land geschaffen und drittens waren viele lokale Partner bereit, eine randomisierte, kontrollierte Studie über Masken zu unterstützen.
„Wir sahen eine Gelegenheit, die Wirkung von Masken besser zu verstehen, die für Menschen in ressourcenarmen Gebieten eine sehr wichtige Möglichkeit sein können, sich zu schützen, während sie auf Impfstoffe warten“, sagt Laura Kwong, Assistenzprofessorin für Environmental Health Sciences. „Deshalb haben wir mit Verhaltenswissenschaftlern, Wirtschaftswissenschaftlern, Experten für öffentliche Gesundheit und religiösen Persönlichkeiten zusammengearbeitet, um Wege zur Förderung der Verwendung von Masken auf Gemeindeebene zu finden.“
Die Maßnahmen werden nun in anderen Teilen Bangladeschs sowie in Pakistan, Indien, Nepal und Teilen Lateinamerikas eingeführt. Doch die Forscher hoffen auch, dass die Studie Lehren für andere Länder der Welt bereithält – insbesondere die USA: „Leider ist ein Großteil der Diskussion über Maskierung in den Vereinigten Staaten nicht evidenzbasiert“, erklärt Stephen Luby, Professor für Medizin. „Unsere Studie liefert deutliche Hinweise darauf, dass das Tragen von Masken die Übertragung von SARS-CoV-2 unterbrechen kann.“
In den USA ist der Streit um die Maske wieder in vollem Gange. Zwar empfiehlt die US-Behörde CDC wieder das allgemeine Maskentragen in Innenräumen, doch einige Bundesstaaten ziehen da nicht mit. Im von Corona schwer betroffenen Bundesstaat Florida etwa hält Gouverneur Ron DeSantis Masken für überflüssig. Er geht sogar so weit und will Schulen die Mittel streichen, sollten sie auf das Tragen eines Mund-Nasen-Schutz bestehen – ein schwerer Fehler, wie die aktuelle Studie untermauert.
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