Die Corona-Varianten bleiben weiterhin ein Problem. Jetzt zeigt eine Studie, dass ein neuer proteinbasierter Impfstoff auch gegen die Delta-Variante gut wirkt. Aber das ist nicht sein einziger Vorteil.
Immer mehr Pharmakonzerne rücken mit ihren Impfstoffen gegen COVID-19 in die nächste Zulassungsrunde. Darunter auch Clover Pharmaceuticals. Nun veröffentlichte das chinesische Unternehmen eine Pressemitteilung, in der es die Ergebnisse der Phase-II-/-III-SPECTRA-Studie zu ihrem Impfstoff SCB-2019 gegen COVID-19 vorstellte.
Das Besondere am Impfstoffkandidaten: Es handelt sich um einen proteinbasierten Impfstoff. Nur ein weiteres Unternehmen ist mit dieser Art Impfstoff noch weiter – und zwar der US-Hersteller Novavax. Für die Zulassung seines Kandidaten läuft in der EU bereits ein Rolling-Review-Verfahren (wir berichteten).
Der Vorteil dieser proteinbasierten Impfstoffe liegt in der Lagerung: So lässt sich der Impfstoff bei 2 bis 8 °C lagern und transportieren. Das ist insbesondere bedeutend für die Impfkampagne in Entwicklungsländern, die derzeit noch nicht so fortgeschritten ist wie hierzulande. Diese zugrundeliegende Technologie ist nicht neu, sie wird bereits bei anderen Impfstoffen wie bei der tetravalenten Grippeimpfung angewandt.
Bald könnte das Vakzin von Clover mit einem Zulassungsantrag folgen. Es enthält eine stabilisierte trimere Form des S-Proteins, dass auf dem ursprünglichen Stamm von SARS-CoV-2 basiert. Der Impfstoff enthält zusätzlich die Adjuvanzien CpG 1018 und Aluminiumhydroxid. Die sehr hoch aufgereinigten Proteine im Vakzin sind meist nicht ausreichend immunogen, weshalb Adjuvanzien benötigt werden. Diese sorgen dafür, dass die Impfreaktion verstärkt wird, was häufig mit einer lokalen und fiebrigen Reaktion auf die Impfung einhergeht. Aluminiumsalze werden schon seit mehr als 90 Jahren in Impfstoffen verwendet. CpG-1018 ist ein recht neues Adjuvans, welches für die Heplisav-B-Vakzin eingesetzt wird und die Antikörperantwort im Organismus verstärkt.
Bei SPECTRA handelt es sich um eine 1:1 randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-II-/-III-Studie, die die Sicherheit und Immunogenität des Impfstoffs SCB-2019 untersucht. Die Studie umfasst 30.128 erwachsene und ältere Probanden von vier Kontinenten, in denen die Delta-Variante während des Untersuchungszeitraums dominierte (Philippinen, Belgien, Südafrika, Kolumbien, Brasilien). Etwa 99 Prozent der Probanden in beiden Gruppen sind im Alter zwischen 18 und 86 Jahren, wobei das durchschnittliche Alter bei etwa 32 Jahre liegt. Der Impfstoff SCB-2019 wurde wie das Placebo in einem Zeitraum von 21 Tagen in zwei Dosen (0,5 ml/Dose) intramuskulär verabreicht. Die finale Analyse erfolgte von April bis August 2021.
Laut des Unternehmens zeigte der Impfstoff eine Wirksamkeit von 100 Prozent gegen schwere COVID-19-Verläufe und Hospitalisierungen sowie eine Impfstoffwirksamkeit von 84 Prozent gegen moderate bis schwere COVID-19-Erkrankungen, die von jeglichen untersuchten Varianten hervorgerufen wurden.
Außerdem wurde eine Wirksamkeit von 79 Prozent gegen die Delta-Variante ermittelt. Gegen Gamma konnte eine Wirksamkeit von 92 Prozent erfasst werden und gegen Mu eine 59-prozentige Wirksamkeit. Zusammen ergab dies eine Impfstoffwirksamkeit von 73 Prozent gegen die drei genannten Varianten. Die Gesamtwirksamkeit lag bei 67 Prozent gegen SARS-CoV-2-Infektionen, unabhängig von der Schwere der Krankheit.
Zudem zeigte der Impfstoff ein signifikant reduziertes Risiko einer COVID-19-Erkrankung in genesenen Individuen. Des Weiteren traten keine unerwünschten Ereignisse oder schwere Nebenwirkungen auf, die sich von der Placebo-Gruppe unterschieden.
Der proteinbasierte Impfstoff SCB-2019 zeigte im Vergleich zu den vektorbasierten Vakzinen von AstraZeneca und Johnson & Johnson einen höheren neutralisierenden Antikörpertiter gegenüber der Alpha-Variante. Jedoch ist auch die Stichprobengröße niedriger in den Vergleichsgruppen.
Das Unternehmen führte zudem einen Vergleich der Ergebnisse der klinischen Zulassungsstudien durch: Innerhalb der Untersuchungen mit dem Impfstoff SCB-2019 traten weniger unerwünschte Ereignisse auf als bei den Vakzinen von Moderna, Pfizer/Biontech, CureVac oder Novavax. Insgesamt fielen die unerwünschten Ereignisse deutlich milder aus. Unter den Nebenwirkungen wurden unter anderem Kopfschmerz, Fatigue, Myalgie, Fieber und Arthralgie erfasst sowie lokale Nebenwirkungen an der Einstichstelle wie Schmerz oder Schwellung.
„SCB-2019 demonstrierte erfolgreich eine signifikante Impfstoffwirksamkeit gegen COVID-19 jeglichen Schweregrades, verursacht durch Delta und andere Variants of Concern und Interest. Das Sicherheitsprofil dieses adjuvantierten proteinbasierten Impfstoffkandidaten war positiv ohne signifikanten Unterschieden bei systemischen oder schweren Nebenwirkungen im Vergleich zum Placebo.“, erklärt Dr. Ralf Clemens, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats von Clover. „Es ist auch der erste COVID-19-Impfstoffkandidat der Welt, der in einer randomisierten Studie ein signifikant reduziertes Risiko einer COVID-19-Erkrankung nachgewiesen hat in zuvor infizierten Personen, einer wachsenden und immer wichtiger werdenden Bevölkerungsgruppe, da sich SARS-CoV-2 weltweit weiter ausbreitet.“
Ob das Vakzin bald nach Deutschland kommt, ist fraglich. Das Unternehmen wird von der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) gefördert, um den Impfstoff auch in ärmeren Ländern zugänglich zu machen. Basierend auf der Partnerschaft mit CEPI unterzeichnete das Pharmaunternehmen im Juni 2021 einen Vorabkaufvertrag mit Gavi, der Impfstoff-Allianz, über bis zu 414 Millionen Dosen. Diese Impfstoffdosen sollen der COVAX-Initiative zur Verfügung gestellt werden, die sich für einen gerechten Zugang zu den COVID-19-Impfstoffen einsetzt.
Clover plant die bedingte Zulassung für das vierte Quartal dieses Jahrs sowie die Produkteinführung für Ende 2021. Die Zulassungsdaten für eine bedingte Genehmigung sollen innerhalb dieses Zeitraums bei der WHO und den Aufsichtsbehörden in China und Europa eingereicht werden.
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