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Schon wieder sind die Umfrage-Ergebnisse des RKI zur Erstimpfung viel höher als die offiziellen Impf-Quoten. Ist das ein Grund zur Freude?
Mit Spannung wurde der neue COVIMO-Report des RKI erwartet. Immerhin zeigten sich im letzten, dem 6. Report, erstmals erhebliche Abweichungen bei den Angaben zur Erstimpfung. Um ganze 20 Prozentpunkte unterschieden sich damals die Angaben des offiziellen Impfmonitorings (59 % Erstgeimpfte unter den 18- bis 59-Jährigen) von den Umfragergebnissen (79 % Erstgeimpfte). Beim COVIMO-Report handelt es sich um eine Telefonumfrage des RKI, in der alle 2 bis 4 Wochen jeweils rund 1.000 Teilnehmer aus der deutschen Bevölkerung zu ihrer Impfbereitschaft befragt werden.
Der 6. Bericht war bereits am 10. August erschienen. Mitte September hakte DocCheck nach dem Verbleib der neuen Umfragewerte beim RKI nach. Eine Veröffentlichung der Daten der 7. Erhebung von COVIMO solle voraussichtlich nächste Woche (KW 38) erfolgen, hieß es damals vom RKI als Antwort. Drei Wochen später warteten wir immer noch auf die Veröffentlichung.
Diese Woche war es dann endlich so weit. Und das Ergebnis des 7. COVIMO-Reports ist so rätselhaft wie zuvor: Schon wieder gibt es eine erhebliche Diskrepanz zwischen offiziellem Impfmonitoring und Umfragewerten. Im Erhebungszeitraum (26. Juli bis 18. August 2021) gaben von 1.005 Erwachsenen 87,5 % an, bereits einmal gegen Corona geimpft zu sein. 80,9 % gaben an, vollständig geimpft zu sein. Im Vergleich dazu lagen im Erhebungszeitraum die offiziellen Impfzahlen bei 69 % Erstgeimpften.
Das RKI ist sich dieser Diskrepanz bewusst. Möglicherweise überschätzen die Umfrageergebnisse die tatsächliche Impfquote und das offizielle Impfmonitoring unterschätzt sie, spekulieren die Autoren. Natürlich müssen die Umfrageergebnisse mit gewisser Vorsicht betrachtet werden, da falsche Angaben in der Umfrage gemacht werden können. Das größere Problem: In Deutschland existiert kein zentrales Register, in das alle Impf-Meldungen direkt einfließen. Stattdessen gibt es je nach Kassenart und Art der Impfeinrichtung viele unterschiedliche Meldewege nebeneinander. Das offizielle Impfmonitoring setzt sich aus Meldungen von Impfzentren, Krankenhäusern, mobilen Impfteams und mittlerweile auch Betriebsmedizinern zusammen. Außerdem fließen Daten der niedergelassenen Ärzte und Privatärzte über die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Privatärztlichen Abrechnungsstellen ein.
In jedem Fall ist die „offizielle“ deutsche Impfquote jetzt eine andere. Das RKI schätzt in einer etwas undurchsichtigen Rechnung die aktuelle Impfquote, also jetzt sieben Wochen nach Ende der COVIMO-Erhebungsphase, auf rund 80% der Erwachsenen. Damit wird jetzt Politik gemacht, mehrere Stimmen in Berlin fordern zum Beispiel, die epidemische Lage nationaler Tragweite nicht erst Ende November aufzuheben.
Unklar ist weiterhin, warum aber der Unterschied gerade in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen und nur bei den Erstgeimpften so groß ist. Darüber rätselten die Autoren schon im letzten COVIMO-Bericht. Als eine mögliche Erklärung führen sie an, dass diese Altersgruppe eher von Betriebsärzten geimpft werde. Doch bislang gibt nur etwa die Hälfte der Betriebsärzte die Impfungen auch in der Webanwendung an.
Die Diskrepanz mache mal wieder deutlich, wie wichtig die verlässliche Meldung aller impfenden Stellen sei, heißt es im Bericht. Ein einheitliches Meldesystem wäre aber wohl auch keine schlechte Idee. Internationaler Hohn und Spott ließen jedenfalls nicht lange auf sich warten: „Dass ein so entwickeltes Land wie Deutschland sich bei seinen Impfungen um 5% verzählt ist .... unerwartet“, twitterte Edouard Mathieu, Chef-Analytiker bei Our World In Data, ironisch.
Bildquelle: Alex Chambers, unsplash