Ein neuer Totimpfstoff gegen Corona punktet in einer Phase-III-Studie. Kann die etablierte Technologie auch Impf-Zögerer überzeugen?
Der französische Hersteller Valneva veröffentlichte kürzlich erste Ergebnisse der Phase-III-Studie seines Corona-Impfstoffs. Das Besondere: Das Vakzin namens VLA2001 ist der erste in Europa entwickelte und getestete inaktivierte Corona-Impfstoff – ein klassischer Totimpfstoff. Damit beruht er auf einer altbewährten Technologie. Könnte das Vakzin so auch Impfskeptiker überzeugen?
Statt auf Vektorviren (wie Hersteller AstraZeneca) oder mRNA (Biontech/Pfizer), setzt das Unternehmen Valneva bei seinem Impfstoff auf inaktivierte SARS-CoV-2-Viruspartikel. Zur Wirkverstärkung kommen die zwei Adjuvantien Alaun und CpG 1018 darin zum Einsatz.
Auch das Studiendesign zur Untersuchung von VLA2001 unterscheidet sich von dem anderer Impfstoffen. Der Impfstoff wurde – anders als in anderen Trials – nicht mit einem Placebo verglichen, sondern mit einem weiteren Impfstoff, nämlich AstraZeneca. Der Grund dafür ist vor allem ethischer Natur: Man wollte keine Probanden ungeschützt lassen, während das Virus noch im Umlauf ist.
Die Studie war zudem darauf ausgelegt, die zelluläre Immunantwort beider Impfstoffe zu vergleichen. Der primäre Endpunkt lautete daher Immunogenität, gemessen als geometrischer Mittelwert des Titers (GMT) von SARS-CoV-2-spezifischen neutralisierenden Antikörpern. Der zweite Endpunkt war die Verträglichkeit. Die Zahl der auftretenden COVID-19-Fälle war lediglich ein explorativer Endpunkt.
Im Vergleich zu einigen anderen Phase-III-Studien hatte diese Studie dafür aber auch relativ wenige Teilnehmer: nur etwa 4.000, im Vergleich zu fast 24.000 für den AstraZeneca-Impfstoff und über 43.000 für den Biontech-Impfstoff. „Das wird die Aussagekraft der Studie und ihre Fähigkeit, ungewöhnliche Nebenwirkungen zu erkennen, beeinträchtigt haben“, kommentiert Dr. Peter English, ehemaliger Vorsitzender des BMA Public Health Medicine Committee, die Ergebnisse. „Da jedoch die Wirksamkeit des Impfstoffs mit einem vergleichbaren Impfstoff verglichen wird, ist die Verringerung der Aussagekraft wahrscheinlich weniger signifikant, als wenn der Impfstoff mit einem Placebo verglichen wird.“
Bezüglich der Immunogenität konnte der Impfstoff trotzdem überzeugen – zumindest wenn man den vorläufigen Daten Glauben schenken darf, die der Hersteller in seiner Pressemitteilung veröffentlicht hat. Die Teilnehmer erhielten entweder 2 Dosen des neuen Totimpfstoffs oder das Vakzin von AstraZeneca (AZD1222) im Abstand von vier Wochen.
Zwei Wochen nach der 2. Dosis von VLA2001 betrug der GMT 803,5 (CI 95 %: 748,48 - 862,59) im Vergleich zu 576,6 (543,6 bis 611,7) nach der Gabe von AZD1222. Damit schneidet der Totimpfstoff besser ab als der Vektorimpfstoff. Die Serokonversionsrate erreichte in beiden Gruppen über 95 %. VAL2001 konnte laut Pressemitteilung zudem die Produktion antigenspezifischer IFN-gamma-produzierender T-Zellen induzieren, die gegen das S- (74,3 %), N- (45,9 %) und M- (20,3 %) Protein reaktiv waren.
Der Totimpfstoff soll laut Hersteller zudem besser verträglich sein als AZD1222: Über Reaktionen an der Injektionsstelle berichteten 73,2 % der mit VLA2001 geimpften Probanden, verglichen mit 91,1 % der mit AZD1222 geimpften Personen. Systemische Reaktionen traten mit 70,2 % gegenüber 91,1 % ebenfalls seltener auf. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse gab es nicht. COVID-19-Fälle traten in beiden Gruppen ähnlich häufig auf, Zahlen nennt der Hersteller an dieser Stelle nicht.
Praktisch ist nicht nur, dass VLA2001 vermutlich bei 2 bis 8 °C gelagert werden kann. „Ein Vorteil des Vollvirus-Ansatzes ist die potenziell anhaltende Wirksamkeit gegen neu auftretende Virusvarianten“, sagt Prof. Penny Ward, Gastprofessorin für pharmazeutische Medizin am King's College London. Allerdings lägen diesbezüglich noch keine Information vor, die eine Bewertung ermöglichen würden, erklärt Ward weiter.
Ebenso könnte der neue Impfstoff Menschen von der Corona-Impfung überzeugen, die bisher noch hadern: Fehlendes Vertrauen in neue Impf-Technologien, wie der mRNA-Impfung, ist ein von Skeptikern gern gebrachtes Argument. Doch bei VLA2001 handelt es sich um einen klassischen Totimpfstoff – ein altbewährtes Prinzip, das bei vielen anderen Impfungen schon erprobt wurde. Möglicherweise könnte das der Impfkampagne hierzulande nochmal einen Schub geben, sollte VLA2001 in der EU demnächst eine Zulassung erhalten. Mit Blick auf die vom Hersteller gelieferten Daten sollte das kein Problem sein. Der Antrag auf Zulassung in der EU werde bereits vorbereitet, heißt es in der Pressemitteilung. In Großbritannien laufe sie schon jetzt.
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