Wer Impfpässe in der Apotheke digitalisiert, muss auf der Hut sein: Besonders jetzt sind viele Fälschungen im Umlauf. Meine 10 Punkte helfen euch, mögliche Täuschungen zu durchschauen.
Wer einen gefälschten Impfpass beispielsweise im Restaurant vorlegt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld belegt werden kann. Wer dies aber in einer Apotheke macht, um an einen digitalen Impfausweis zu kommen, muss bislang keine Strafe befürchten. Das Osnabrücker Landgericht hat kürzlich festgehalten, dass in diesem Fall keine strafbare Handlung vorliegt, da eine Apotheke ein privates Unternehmen sei, das nicht in das Gefüge der staatlichen Verwaltung eingeordnet ist. Nur wenn der Fälscher „impfberechtigt“, also ein Arzt, ist kann er bestraft werden.
Private Fälscher sind somit fein raus und können sich dahingehend noch so lange ausleben, bis diese Strafbarkeitslücke geschlossen ist. Gerade jetzt ist es also wichtig, gefälschte Impfpässe zu erkennen. Wie das gelingt, lest ihr in dieser 10-Punkte-Liste.
Die originalen Stempel der umliegenden Impfzentren und impfenden Hausärzte sollten bekannt sein und am besten als Liste in der Apotheke vorliegen. So könnt ihr sie mit den Stempeln aus vorgezeigten Impfpässen vergleichen.
Hier waren die Mitarbeiter der Apotheke stutzig geworden, weil beim Impfzentrum Mannheim nur zwei Stempel im Einsatz waren, nämlich ein neuer, bei dem das „I“ mit dem „a“ bündig, und zusätzlich der Vermerk „Impfzentrum K1 bis K10“ aufgebracht ist, und ein alter bei dem das „K“ hinten zwar fehlt, aber die zwei Zeilen genau bündig sind.
Auch ein Stempel des Impfzentrums Ingelheim war gefälscht. Er enthielt unter anderem einen Zahlendreher in der Postleitzahl, außerdem fehlte die Bezeichnung des Landkreises.
Ganz so offensichtlich wie im nächsten Beispiel ist es leider nicht immer. Hier ist nicht nur der Impfstoff falsch geschrieben, der Arzt hat zudem in „Hamnurg“ seine Praxis. Das gibt zu denken.
Auch das wird in den kommenden Tagen und Wochen immer häufiger vorkommen, da viele Impfzentren schon länger geschlossen sind. Wird also 2 Wochen nach Schließung noch eine Impfung dokumentiert, sollte das stutzig machen. Bei Unsicherheit immer mal schauen, ob es dieses Impfzentrum überhaupt noch gibt. Auch Praxen, die es aufgrund der Hochwasserkatastrophe gar nicht mehr gibt, tauchen immer wieder auf. Dort kann ja keiner mehr anrufen, um zu fragen, ob der Kunde tatsächlich dort war.
Das ist natürlich bei einer Impfung in einer Hausarztpraxis nicht weiter verwunderlich. Wurde die Spritze aber in einem großen Impfzentrum gesetzt, ist es seltsam, wenn man dort zufällig an zwei verschiedenen Tagen an die gleiche Impfperson gerät. Genauso seltsam ist es übrigens, zweimal die gleiche Charge zu erwischen, wenn man den mehrwöchigen Abstand zwischen den Impfungen eingehalten hat.
Gerade bei Corona-Impfungen, die in den letzten Wochen verabreicht wurden, ist es eine Frage wert, warum sich der Kunde mehrere hundert Kilometer vom Wohnort entfernt hat impfen lassen. Es gibt nun wirklich genügend Möglichkeiten, das in der näheren Umgebung zu erledigen. Auch die Handlungshilfe der ABDA sieht eine Ausstellung des Zertifikats in diesem Fall als nicht zwingend an. Dort heißt es unter Punkt 2.3.6. wörtlich:
Wenn einem das seltsam erscheint, darf die Person ohne Probleme weggeschickt werden. Wir unterliegen in der Apotheke auch keinem Kontrahierungszwang.
Ein beliebter Ansatz, bei dem Seiten fremder Impfpässe in den eigenen geheftet werden. Deshalb gilt auch die Devise, niemals einen kopierten Impfausweis zu digitalisieren, der angeblich zuhause liegt, um ihn zu schonen.
Ob es die Charge überhaupt gibt, überprüft man schnell und einfach mit der SafeVac 2.0-App. Sie wurde ursprünglich vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) dazu entwickelt, damit der Geimpfte digital Auskunft darüber geben kann, wie er die Impfung vertragen hat. Man kann sie aber auch dafür nutzen, die Charge auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Danke für diese tolle Möglichkeit! Schade: Es funktioniert leider nicht immer, manchmal erkennt die App eine Charge nicht, auch wenn sie korrekt ist.
Der Impfstoff von Moderna trägt auf seinem Chargenaufkleber einen 2D-Code. Bei den Chargenaufklebern von Comirnaty® sind die Ecken abgerundet und sie tragen ein Wasserzeichen (zumindest die neueren). Hier im Vergleich ein echter und ein gefälschter Aufkleber in einem Impfpass:
Links ist das Original, rechts die Fälschung zu sehen. Auf dem Aufkleber sind deutlich weniger „Comirnaty“ Wasserzeichen aufgebracht und zusätzlich machten den Apothekenmitarbeiter derselbe Arzt und die gleiche Positionierung des Stempels stutzig. Zurecht, wie sich später herausstellte.
Das alleine begründet natürlich nicht eine Fälschung – man kann den Impfpass ja auch verlegt haben. Doch es ist auf jeden Fall Grund genug, hier einmal genauer hinzusehen. Stimmt noch ein weiteres Detail nicht, ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten.
Die 2021er Neuauflage der Impfpässe enthält eine Extraspalte für die Corona-Impfung. Auf dem Markt ist diese Auflage aber erst seit etwa Mitte des Jahres. Ist die Impfung aber angeblich im Januar erfolgt und wurde trotzdem bereits auf einem neuen Pass eingetragen, dann stimmt etwas nicht.
Da Hausärzte erst seit der zweiten Aprilwoche impfen dürfen, ist eine Impfung im März durch einen Niedergelassenen nicht plausibel und darf zurecht angezweifelt werden.
Wer eine Fälschung vermutet, darf übrigens nicht einfach so beim angegebenen Arzt anrufen und fragen, ob sich die Person in der Praxis hat impfen lassen. Zuvor muss der angeblich geimpfte Kunde die Apotheke nämlich von ihrer Schweigepflicht entbinden.
Daher ist es sinnvoll, den Kunden zum einen schriftlich versichern zu lassen, dass seine Angaben der Wahrheit entsprechen und er in die zeitlich begrenzte Erhebung und Speicherung seiner Daten einwilligt. Zum anderen sollte er im gleichen Dokument auch die Schweigepflicht der Apotheke gegenüber Dritten (Polizei und Ärzte) bei einem Verdacht der Fälschung aufheben. Dann besteht auch die Möglichkeit, sich bei einem Anfangsverdacht erst einmal den Impfpass zu kopieren, um ihn zu einem späteren Zeitpunkt genauer prüfen zu können. Wer das so nicht unterschreiben möchte, der weiß vermutlich auch, warum.
Das alles klingt nicht nur mühsam – es ist auch so. Es wäre so einfach gewesen, jeglichen Fälschungen einen Riegel vorzuschieben, wenn jede Impfung mit Name und Adresse des Impflings und der verimpften Chargennummer beim RKI registriert worden wäre. Dann wäre sie sicher abrufbar gewesen, und auch mögliche Impfnebenwirkungen hätten problemlos chargenbezogen registriert werden können. Leider habe ich zunehmend das Gefühl, dass der Datenschutz nicht mehr uns als Verbraucher oder Patienten schützt, sondern tatsächlich nur die Daten selbst – vor wem oder was auch immer.
Bildquelle: Marten Newhall, Unsplash