Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind eine Innovation im deutschen Gesundheitssystem. Sie können Patient:innen im Umgang mit ihrer Erkrankung unterstützen und Ärzt:innen ein wertvolles zusätzliches Werkzeug für ihre Therapiebegleitung an die Hand geben.
Mit Einführung der Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) brachte Deutschland einen Stein ins Rollen, der den Schritt in Richtung digitaler Zukunft entscheidend beschleunigen soll. Eine DiGA kann sowohl eine App als auch eine Desktop- oder browserbasierte Anwendung sein. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie als Medizinprodukt mit niedrigem Risiko CE-zertifiziert, vom BfArM geprüft und als erstattungsfähig zugelassen ist.
Das Fundament für die Einführung von DiGA bildet das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG), das im Dezember 2019 in Kraft getreten ist. Im Oktober 2020 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die erste App in sein Verzeichnis aufgenommen, seitdem können Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen DiGA verordnen.1 Im DiGA-Verzeichnis des BfArM finden Ärzt:innen alle erstattungsfähigen Gesundheitsanwendungen im Überblick.Zulassung zur DiGA: Strikte Kriterien für hohe Sicherheit
Die Zulassungskriterien für die Zertifizierung einer Anwendung als DiGA sind strikt und ähneln einer Medikamentenzulassung. Dadurch wird der grundlegende Unterschied zwischen den zertifizierten und erstattungsfähigen DiGA und einfachen „Wellness-Apps“ deutlich.
Das Verfahren zur Zulassung einer DiGA erfolgt schrittweise: Die Antragsteller müssen zunächst einen Nachweis erbringen, dass ihre Anwendung bereits eine CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt aufweist. Dies stellt sicher, dass das Produkt alle vorgeschriebenen Anforderungen u. a. an Sicherheit und Leistungsfähigkeit, klinische Bewertung, Qualitätssicherung sowie Risikobewertung erfüllt. Dieser Prozess wird von den Behörden der jeweiligen Bundesländer übernommen.2
Ist diese Grundlage erfüllt, kommt das BfArM ins Spiel und unterzieht die Anwendung einer weiteren Prüfung. Der Antragsteller muss mittels wissenschaftlicher Daten belegen, dass sein Produkt einen konkreten „positiven Versorgungseffekt“ für Patient:innen bietet und den hohen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit entspricht. Ein positiver Versorgungseffekt bedeutet, dass sich der gesundheitliche Zustand der Patient:innen oder der Umgang mit der Erkrankung nachweislich verbessert – dies kann sich sowohl auf die Symptomatik als auch auf die Lebensqualität beziehen.2
Um den Prüfprozess zu beschleunigen und möglichst viele Indikationen abzudecken, nimmt das BfArM einige DiGA über das Fast-Track-Verfahren vorläufig ins Verzeichnis auf. Das bedeutet, dass der erste Nutzenbeleg mit wenig Probanden bereits erbracht worden ist und die Evaluation mit einer größeren Gruppe innerhalb der nächsten zwölf Monate geschieht. In dieser Zeit sind die Anwendungen dennoch bereits erstattungsfähig und können verordnet werden.1
DiGA: Breites Spektrum unterschiedlicher Indikationen
Eine digitale Gesundheitsanwendung muss mindestens einer medizinischen Indikation klar zugeordnet sein. Aktuell sind 24 DiGA für unterschiedliche Krankheitsbilder geprüft, zertifiziert und als erstattungsfähig zugelassen; darunter u. a. für Depression, Multiple Sklerose, Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, Agoraphobie, Tinnitus aurium, Migräne und Adipositas.3
Die gelisteten DiGA setzen an unterschiedlichen Aspekten der jeweiligen Erkrankung an. Menschen mit Multipler Sklerose und Fatigue beispielsweise sollen dabei unterstützt werden, die Fatigue zu reduzieren; insulinpflichtige Diabetiker soll eine kontinuierliche Datenauswertung und übersichtliche Darstellung das Diabetes-Selbstmanagement erleichtern; Patient:innen mit chronischem Tinnitus soll der Weg zu einem selbstbestimmten Umgang und einer Reduzierung der Tinnitusbelastung gezeigt werden; Migränepatient:innen erhalten Zugang zu einem digitalen Kopfschmerztagebuch sowie leitlinienkonformen Verfahren für die Migräneprophylaxe und Akutbehandlung von Attacken.3
Zusammengefasst verfolgen DiGA das Ziel, bei der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen zu unterstützen.2 Patient:innen wie Ärzt:innen können daraus einen Nutzen ziehen: (1) Patient:innen erhalten eine geprüfte, auf sie zugeschnittene und erstattungsfähige digitale Anwendung; (2) Ärzt:innen können ihre Therapiebegleitung durch digitale Angebote ergänzen, denen sie vertrauen und mit denen sich Patient:innen außerhalb der Sprechstunde beschäftigen. Dadurch dass DiGA auf die Bedürfnisse der Patient:innen eingehen und ihrem Wunsch nach einem modernen Therapiemanagement entgegenkommen, können sowohl eine gute Arzt-Patienten-Beziehung als auch ein nachhaltiges Vertrauensverhältnis aufgebaut werden.
Großes Interesse und gleichzeitig hoher Informationsbedarf
DiGA sind eine Neuheit in der Therapielandschaft und aktuelle Umfragen zeigen, dass sowohl das Interesse als auch der Wunsch nach Orientierung hoch sind. 59 % der Patient:innen können sich vorstellen, eine DiGA zu nutzen – genauso viele wünschen sich allerdings bei der App-Wahl mehr Orientierungshilfe seitens ihrer Ärzt:innen.4,5
Gleichzeitig besteht aber auch bei Ärzt:innen noch ein hoher Informationsbedarf, um dem Wunsch ihrer Patient:innen nach einer ergänzenden digitalen Therapiebegleitung gerecht werden zu können:6,7
Um das Potenzial der DiGA vollends auszuschöpfen, ist es demnach entscheidend, hilfreiche und übersichtliche Informationen bereitzustellen. Dass zugelassene DiGA einen Nutzen und Mehrwert bieten, haben sie bereits im mehrstufigen Prüfverfahren durch das BfArM unter Beweis gestellt. Bereits jede:r zweite Patient:in zeigt Interesse an einer Nutzung.
Dies unterstreicht das hohe Potenzial der Apps auf Rezept für eine verbesserte Patientenversorgung. Mit den geprüften und erstattungsfähigen DiGA bekommen Ärzt:innen ein neues Werkzeug an die Hand, mit dem sie Patient:innen dazu befähigen können, partizipativ an ihrem Therapieerfolg mitzuarbeiten.
Verschaffen Sie sich im DiGA-Handout einen Überblick zum Nutzen, zur Verordnung und zum Zugang einer DiGA und finden Sie wichtige Infos für die Beratung Ihrer Patient:innen.
Referenzen