Gallussäure ist ein sekundärer Pflanzeninhaltsstoff, der in Wein und grünem Tee enthalten ist. Ein Forscherteam hat jetzt herausgefunden, dass die Säure die Magensäurefreisetzung beeinflusst, indem sie einen Bitterrezeptor aktiviert.
Gallussäure gehört zu den geschmacksaktiven Substanzen, die natürlicherweise in Lebensmitteln enthalten sind. Sie verleiht beispielsweise Weiß- oder Rotwein einen adstringierenden Geschmack. Obwohl umstritten, lassen einige Studien annehmen, dass Gallussäure zudem auch bitter schmeckt.
Dies macht Gallussäure für die Forschung interessant. Denn immer mehr wissenschaftliche Arbeiten belegen, dass Bitterstoffe und deren Rezeptoren nicht nur für die Geschmackswahrnehmung wichtig sind. „Bitterrezeptoren finden sich zwar auf der Zunge. Aber auch andere Organe wie der Magen, das Herz oder die Lunge verfügen über diese Geschmacksrezeptoren“, sagt Erstautorin Sonja Sterneder, die an der Wiener Fakultät für Chemie promoviert. Welche physiologischen Funktionen sie dort erfüllen, sei jedoch noch nicht hinreichend erforscht, so die Ernährungswissenschaftlerin weiter. Die aktuelle Studie trägt nun dazu bei, ein weiteres Puzzleteil zum funktionellen Gesamtbild der Bitterstoffe und ihrer Rezeptoren hinzuzufügen.
Wie das Team um Prof. Veronika Somoza, stellvertretende Leiterin des Instituts für Physiologische Chemie an der Universität Wien, zunächst im Rahmen von Sensoriktests feststellte, schmeckt in Wasser gelöste Gallussäure bitterer als Leitungswasser. Dies sei bereits ab einer sehr geringen Dosis (10 Mikromolar; 1,7 mg/L) der Fall. Ebenso beobachtete das Team, dass der Bittergeschmack konzentrationsabhängig ist und sich mit steigender Dosis (bis 1.000 Mikromolar) verstärkt.
Anschließend untersuchte das Wissenschaftlerteam mithilfe eines zellulären Testsystems, wie Gallussäure auf Magenzellen wirkt, die natürlicherweise über verschiedene Bitterrezeptortypen verfügen. Der Pflanzenstoff stimulierte die Magenzellen zur Säuresekretion, egal ob die Forscher ihn in Wasser oder in Rotwein gelöst zum Nährmedium hinzugaben.
Weitere molekularbiologische Untersuchungen des Teams lassen zudem annehmen, dass Gallussäure diese Wirkung über den Geschmacksrezeptor TAS2R4 entfaltet. Computergestützte Strukturanalysen des Rezeptors und virtuelle Dockingexperimente des Leibniz-Instituts unterstützen diese Annahme.
„Bereits unsere früheren Studien zur Wirkung von Koffein weisen darauf hin, dass der Bitterrezeptor TAS2R43 an der Regulation der Magensäuresekretion beteiligt ist. Nun haben wir Belege für die Beteiligung eines weiteren Bitterrezeptors gefunden, der sich außerdem sowohl auf der Zunge als auch auf Magenzellen findet“, sagt Somoza. Auch zukünftig will das Team die molekularen Zusammenhänge zwischen Bitterstoffen und Bitterrezeptoren ergründen, mit dem Ziel, die Bekömmlichkeit von Lebensmitteln zu verbessern.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Pawel Czerwinski, Unsplash