Gangstörungen und Gehbehinderungen sind ein bekanntes Problem bei Parkinson-PatientInnen. Diese Symptomatik kann im Alltag gravierende Folgen haben – Stürze und Verletzungen können auftreten, ebenso eine allgemein reduzierte Mobilität.1 Damit einher gehen eine reduzierte Unabhängigkeit sowie eine niedrigere Lebensqualität. Bemerkenswerterweise entwickeln PatientInnen häufig von sich aus Kompensationsstrategien, wie sie ihren Gang verbessern können. Dies können die unterschiedlichsten Methoden sein: Im Takt eines (imaginären) Metronoms zu laufen, den Gang einer anderen Person zu imitieren oder sogar rückwärts zu laufen.1
Untersuchung zu Strategien der GangverbesserungEine im Herbst 2021 veröffentlichte Studie untersuchte nun erstmals anhand eines webbasierten PatientInnen-Fragebogens, ob die Betroffenen Strategien zur Gangverbesserung einsetzen und wenn ja, welche das sind. Die Umfrage wurde unter 4.324 Erwachsenen mit Parkinson durchgeführt, die durch ihre Erkrankung von Gangstörungen betroffen sind.1 Im Rahmen der Umfrage wurden den PatientInnen unter anderem sieben Strategien zur Gangverbesserung vorgestellt. Die TeilnehmerInnen sollten angeben, ob sie die jeweilige Strategie kannten, ob sie diese bereits ausprobiert hätten und wie sie ihren Gang in verschiedenen Situationen beeinflussen konnte. Diese unterschiedlichen Situationen umfassten beispielsweise loslaufen, umdrehen, durch eine Tür gehen, draußen oder in einer Menschenmenge laufen. Weitere Kategorien waren Sprechen während des Laufens oder das Tragen eines Gegenstands.1
Die sieben Strategien zur Gangverbesserung, die den Parkinson-PatientInnen vorgeschlagen wurden, waren Folgende:1
PatientInnen können von Kompensationsstrategien profitierenVon den Befragten gaben 35 % an, dass ihre Schwierigkeiten beim Gehen negative Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens haben. Mehr als jeder fünfte Befragte (22,8 %) hatte trotz sichtbarer und teils einschränkender Gangstörungen vor der Untersuchung noch nie irgendeine Form der Gangverbesserungsstrategie verwendet.1
Die Untersuchung zeigte, dass zahlreiche TeilnehmerInnen der Studie (64,7 %) zwar eine oder mehrere der präsentierten Kompensationsstrategien zur Gangverbesserung verwendeten, das Wissen über das Spektrum der Möglichkeiten aber limitiert war. Ein Großteil der PatientInnen berichtete eine hohe Wirksamkeit der Strategien, die jedoch vom situativen Kontext abhing. Dabei waren die gängigsten Situationen, in denen die TeilnehmerInnen der Studie die Kompensationsstrategien einsetzten, wenn sie draußen unterwegs waren oder unter Zeitdruck standen. Nicht jede oder jeder Teilnehmende profitierte außerdem von den gleichen Strategien: Veränderte Gleichgewichtsanforderungen wurde am häufigsten als Strategie eingesetzt. Interne Anhaltspunkte und eine Veränderung des mentalen Zustands wurden mit 71,7 % und 70,5 % ebenfalls häufig eingesetzt.1
Fallstricke der Untersuchung Zu beachten ist bei der Auswertung, dass es sich um einen selbst-berichteten Fragebogen handelte – die anfängliche Bewertung der vorliegenden Gangstörungen wurde also nicht durch medizinisches Personal vorgenommen. Unklar ist auch der kognitive Status der Teilnehmenden. Personen, die an der Umfrage teilnahmen, könnten zudem im Vergleich zu durchschnittlichen Parkinson-PatientInnen besonders gut über ihre Erkrankung informiert sein, wodurch die Ergebnisse verzerrt sein könnten. Daher fordern die AutorInnen der Studie weitere, stärker kontrollierte Studien zu diesem Thema.1
Individuell auf PatientInnen eingehenZusammenfassend unterstützte die Untersuchung die Anwendung von Kompensationsstrategien zur Gangverbesserung bei Parkinson-PatientInnen. Die Wahl der Strategie sollte auf jeden Patienten und jede Patientin individuell zugeschnitten werden, ebenso der Kontext, in dem die Strategie angewandt wird. Drei Viertel der PatientInnen bekundeten Interesse an weiteren Strategien – der Wunsch nach mehr Hilfestellungen ist also da.1 Wissen Ihre PatientInnen über die oben beschriebenen Kompensationsstrategien Bescheid?
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