Eine 74-jährige Frau hat kolikartige Bauchschmerzen und erbricht insbesondere nach dem Essen immer wieder. Eine Ursache hierfür suchen die Ärzte zunächst vergeblich - bis sie auf Röntgenaufnahmen etwas Merkwürdiges entdecken.
Eine 74-jährige Frau wird mit kolikartigen Bauchschmerzen, Übelkeit und postprandialem Erbrechen in die Notaufnahme eingeliefert. Die körperliche Untersuchung dort liefert jedoch keine weiteren Hinweise. In ihrer medizinischen Vorgeschichte ist bekannt, dass sie sich 3 Jahre zuvor in einer anderen Einrichtung einer offenen Cholezystektomie und einer Nabelhernienreparatur unterzogen hatte. Ein Jahr später ist in derselben Einrichtung eine Narbenhernie mit einem nicht resorbierbaren Netz versorgt worden. Nach der ersten Operation sei es zu einer kurzen fiebrigen Phase gekommen. In den letzten zwei Jahren ist jedoch kein Fieber mehr aufgetreten.
Um sich einen besseren Eindruck zu verschaffen, nehmen die Ärzte zunächst Blut ab. Die Vollblutanalyse zeigt eine ausgeprägte Leukozytose, die übrigen Parameter liegen allesamt im Normbereich. Röntgenaufnahmen des Abdomens sind ebenfalls unauffällig. Eine kontrastmittelverstärkte abdominale Computertomographie zeigt jedoch mittig im Abdomen eine runde, gut abgegrenzte Weichteilmasse, die Luftblasen enthält. Um dies genauer abzuklären, lassen die Ärzte anschließend erneut Röntgenaufnahmen des Abdomens anfertigen - diesmal jedoch mit Röntgenkontrastmittel. Dabei stellen sie eine Fistelbildung zwischen der Abszesshöhle, in der sich die verdächtige Masse befindet, und dem Gastrointestinaltrakt auf der Höhe des proximalen Jejunums fest. Hinzu kommt eine deutliche Dilatation der proximalen Jejunumsegmente.
Die Ärzte vermuten, dass sie es hier mit einem Fremdkörper zu tun haben könnten und entscheiden sich daher zur Laparotomie. Dabei stellen sie zahlreiche dichte Adhäsionen zwischen dem Dünndarm und dem nicht resorbierbaren Netz fest sowie Verwachsungen zwischen Jejunum, Treitz-Band und dem Fremdkörper. Zusätzlich hat das Dünndarm-Mesenterium den Fremdkörper vollständig umgeben. Als die Ärzte den Fremdkörper zum ersten Mal erspähen, dürften sie nicht schlecht gestaunt haben, denn es handelt sich um ein Überbleibsel der vergangenen Operationen: Vor ihnen liegt ein zurückgelassenes Bauchtuch.
Sie eröffnen das Jejunum und können so aus dem Lumen bereits ein Drittel des Fremdkörpers entfernen. Den Rest bergen sie vollständig aus der Abszesshöhle. Die intestinale Kontinuität stellen sie durch eine End-zu-End-Anastomose nach Teilresektion des fistulierten Segments wieder her. Die Frau ist anschließend symptomfrei.
Text- und Bildquelle: Gencosmanoglu et al. / BMC Surgery
Bildquelle: Daniel Jensen / Unsplash