Lästig ist ein Schnupfen für alle Menschen – für manche Patienten mit Asthma oder COPD kann er jedoch lebensbedrohlich sein. Welche dieser Patienten sich besonders vor Rhinoviren schützen sollten, kann nun ein Bluttest aufzeigen. Doch wie geht es danach weiter?
Für die meisten Menschen ist ein Schnupfen zwar lästig, aber harmlos. Warum Männer ganz besonders unter einem Schnupfen leiden, ist bisher noch nicht vollständig geklärt. In diesem Punkt ähneln Männer jedoch der Gruppe der Asthmatiker, die eine durch Rhinoviren versursachte Erkältung meist heftiger spüren. Und nicht nur das: Bei Asthmatikern und auch bei Patienten mit COPD (chronic obstructive pulmonary disease) kann das Schnupfenvirus selbst lebensbedrohliche Anfälle hervorrufen. Ein Forscherteam vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der Medizinischen Universität Wien hat nun erstmals herausgefunden, wie man diese Risikogruppe mittels Bluttest herausfiltern kann. Doch nützt dieses Wissen, solange man die Patienten nicht wirksam vor Rhinoviren schützen kann?
„Viele schwere Asthma-Anfälle werden von Rhinoviren hervorgerufen“, sagt Studienautorin Katarzyna Niespodziana vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der Medizinischen Universität Wien. Sogar mehr als 50 Prozent der akuten Symptom-Verschlechterungen bei Asthmatikern und Patienten mit COPD sollen auf das Konto von Rhinoviren gehen. Der Grund für die gefürchtete Luftnot ist das krampfartige Zusammenziehen der Bronchien. Dieser Vorgang wird durch einen Rhino-Virus-Infekt bei manchen Patienten mit Asthma oder COPD noch verstärkt. Wen es trifft, war bisher aber nicht vorhersehbar. Das soll ein einfacher Bluttest nun ändern.
Um den Unterschied zwischen gefährdeten und nicht gefährdeten Asthmatikern herauszufinden, führten die Wissenschaftler eine erste, kleine Vergleichsstudie durch. Dabei prüften sie, wie das Immunsystem gefährdeter und nicht gefährdeter Asthmatiker auf das Schnupfenvirus und auf bestimmte Strukturproteine des Virus reagiert. Die Studiengruppe bestand aus 18 erwachsenen Asthmapatienten und 11 gesunden, erwachsenen Kontroll-Probanden. Die Kontroll-Personen waren alle Nicht-Raucher. Von den Asthma-Patienten litten 11 unter leichtem Asthma und nahmen lediglich β2-Sympathomimetika ein. 17 Patienten hatten mittelschweres Asthma und wurden mit β2-Sympathomimetika und Kortikoiden behandelt. Aus dem Blut der Studienteilnehmer untersuchten die Wissenschaftler zunächst, wie hoch die Anzahl der spezifischen Antikörper (IgE) gegen das Virusprotein VP-1 im Serum war. VP-1 wird von jedem der etwa 200 bisher bekannten Rhino-Viren-Stämme gebildet. Mittels Nasenspray infizierten die Forscher anschließend ihre Studienteilnehmer mit dem Rhinovirus 16. Am Tag 0, 7, 14 und 42 nach der Infektion nahmen die Wissenschaftler erneut Blutproben und untersuchten anhand der IgE-Menge, wie ihre Probanden auf die Infektion mit den Schnupfenviren reagierten. Sie protokollierten ebenfalls Art und Stärke der auftretenden Symptome.
Das Ergebnis: Manche Asthma-Patienten hatten bereits vor der Infektion mit dem Schnupfen-Virus erhöhte IgE-Werte gegen das VP-1 Protein im Blut. Genau bei diesen Patienten verschlimmerten sich die Asthmasymptome nach der gezielten Infektion mit dem Rhinovirus massiv. Die Konsequenz liegt aus Sicht der Wissenschaftler auf der Hand: "Wir können belegen, dass dieses Protein als Diagnose-Marker geeignet ist", erklärt Niespodziana. Die erhöhte Antikörper-Antwort auf VP-1 könnte künftig als Basis für einen Bluttest dienen, mit dem anfällige Personen identifiziert werden können.
Doch was nützt es, besonders gefährdete Patienten zu identifizieren, wenn sie den Schnupfenviren ohnehin schutzlos ausgeliefert sind? Händewaschen, gesunde Ernährung und warme Füße reichen erfahrungsgemäß nicht immer aus, um Schnupfenviren erfolgreich abwehren zu können. Bisher schlugen zudem alle Versuche fehl, Impfstoffe gegen Rhinoviren zu entwickeln. Das Problem ist die Vielfalt der Rhinoviren. Die bisher bekannten 200 Typen können sich zudem noch verändern. In einer Schnupfen-Saison kursieren etwa 15 bis 20 verschiedene Rhino-Typen, beim Influenza-Virus sind es meist nur 2 oder 3.
Im Rahmen des EU-Projekts "Predicta" haben Rudolf Valenta, Leiter der Abteilung für Immunpathologie der MedUni Wien, und sein Team einen Rhinovirus-Chip entwickelt. "Erste Tests geben den Anlass zur Hoffnung, dass man damit durch Identifizierung der bei einem aktuellen Asthma- oder COPD-Anfall beteiligten Rhinoviren einen Impfstoff gegen Schnupfen entwickeln kann", sagte Valenta, und weiter: "Wird ein Rhinovirus nachgewiesen, ist der Anfall darauf zurückzuführen. Kennt man den auslösenden Stamm, kann man dagegen impfen." Valenta und seine Gruppe hatten bei früheren Arbeiten bereits herausgefunden, dass der menschliche Körper zwar durchaus Antikörper gegen Schnupfenviren bildet, diese aber den falschen Teil der Krankheitserreger erkennen und daher unwirksam sind. Das Immunsystem bekämpft fälschlicherweise das Innere des Virus und nicht die Hülle – und genau die ist dafür verantwortlich, dass sich das Virus in der Schleimhaut festsetzt. Bis zu einem marktreifen Schnupfen-Vakzin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Ob auch Menschen ohne besonders Gefährdungspotential von einer Schnupfen-Impfung profitieren könnten, bleibt ebenfalls abzuwarten.