Smartwatches sind lange nicht mehr nur ein Lifestyle-Accessoire – für viele Patienten sind sie eine angenehme Alternative zu herkömmlichen kardialen Devices. Aber wie gut tracken sie Arrhythmien wirklich?
Wearables liegen im Trend und die Verwendung der Geräte nimmt nicht nur im Freizeitsport und im Alltag stetig zu. Auch kardiologische Patienten greifen vermehrt zu den kleinen Geräten, um ihre Körperfunktionen zu messen.
Wearables sind kleine technische Geräte, die in der Lage sind, biophysikalische Daten zu erheben. Sie werden in der Regel unter der Kleidung getragen. Die bekanntesten Varianten sind Smartwatches, Armbänder und Brustgurte, aber auch als Ringe, Brillen und T-Shirts sind sie verfügbar.
Wearables sind in der Lage, verschiedene Parameter zu erfassen, wie zum Beispiel Schrittzahl, Körperposition, individueller Kalorienverbrauch, Blutdruck und Blutzucker bis hin zu Herzfrequenz, Pulskurven und EKG. So können Wearables auch dazu genutzt werden, Herzrhythmusstörungen aufzuzeichnen. Verwendet werden hierzu Photoplethysmographie und die Elektrokardiographie. Lange Zeit war unklar, wie sicher und effektiv das ist.
Da die frühe und korrekte Dokumentation von Herzrhythmusstörungen einen hohen therapeutischen Stellenwert hat, hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) 2021 ein Positionspapier zur Wearable-basierten Detektion von Arrhythmien herausgegeben. Die Autoren betonen in der Einleitung, dass die Dokumentation von Herzrhythmusstörungen erschwert sein kann – insbesondere dann, wenn diese nur selten auftreten oder asymptomatisch sind.
Mit einer Prävalenz von 1–2 % in der Gesamtbevölkerung ist Vorhofflimmern die häufigste Rhythmusstörung und signifikant mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert. Bislang wurden zur Detektion von Herzrhythmusstörungen das tägliche Tasten des Pulses, wiederholte EKG-Registrierungen, Aufzeichnung von LZ-EKGs oder die Implantation von Loop-Rekordern genutzt. Wearables eröffneten nun neue Möglichkeiten, so die Autoren.
Eine ähnliche Einschätzung gab Prof. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung im Jahr 2020: „Wearables können einen Arztbesuch und die bisherigen Verfahren zu Diagnose und Kontrolle der Therapie von Herzerkrankungen zwar nicht ersetzen, aber durchaus ergänzen. Smartwatches können helfen, relevante Daten des Herzrhythmus aufzuzeichnen und einen unregelmäßigen Herzschlag, der auf Vorhofflimmern hindeutet, zu detektieren. Auf diese Weise kann die App für den betreuenden Arzt bei der Diagnose-Stellung hilfreich sein. Allerdings sollten Patientinnen und Patienten die Verwendung einer Smartwatch immer mit ihrem behandelnden Kardiologen abstimmen.“
Auch während der DGK-Herztage in Bonn wurde im Herbst 2021 über die klinische Bedeutung der Wearables diskutiert. „Ich persönlich denke, dass implantierbare Geräte es schwer haben werden, ihren Marktanteil zu halten“, sagte Dr. Dong-In Shin, Chefarzt der Medizinischen Klinik I am Helios Klinikum Krefeld, in einer Pro-Kontra-Session zu EKG-Wearables. Die Geräte seien zudem für Patienten leicht zugänglich und seien auch bei den Kardiologen beliebt. Shin zitierte eine aktuelle Befragung von 539 Kardiologen und Rhythmologen, denen ein Ein-Kanal-Wearable-EKG-Streifen einer 58-jährigen Frau mit absoluter Arrhythmie und ChA2DS2-Vasc-Score von 3 vorgelegt wurde mit der Frage, ob sie auf dieser Basis Vorhofflimmern definitiv diagnostizieren würden. 83 % bejahten dies. Die Folgefrage, ob auch gleich eine Antikoagulation begonnen werden sollte, beantworten immer noch 73 % mit „ja“.
Was die Qualität der EKG-Aufzeichnung angehe, seien die unterschiedlichen Systeme von der Smartwatch bis zur EKG-Sensorplatte teilweise ausgezeichnet. Hohe Sensitivitäten und Spezifitäten insbesondere beim Vorhofflimmer-Screening seien in Studien für verschiedene Hersteller belegt (Huawei Heart Study, Apple Heart Study, Fitbit Heart Study). Ein systematisches Review vom September letzten Jahres berichtet von einer Sensitivität von 67,7–100 % und einer Spezifität von 67,6–9,2 %.
Eine Einschränkung sei allerdings, dass in den meisten Wearables die EKG-Aufzeichnungen aktiv initiiert werden muss. Dies sei insbesondere bei asymptomatischen Arrhythmien oder bei Synkopen eine Limitation. Dr. Kars Neven, Leiter Elektrophysiologie am Krupp Krankenhaus Essen, wies zudem auf die Gefahr einer Datenflut hin, da die Wearables leicht zugänglich sind und eine Vielzahl von Parametern aufgezeichnet werden können. Unstrittig ist allerdings, dass Wearables zu einer deutlichen Verbreiterung der kardiologischen Diagnostik führen können.
Prinzipiell ist dies ein Beispiel, bei dem ein Wearable zum Vorhofflimmer-Screening zum Einsatz kommen kann. Allerdings sollte im Vorfeld eruiert werden, ob der Patient mit der Technik und den Aufzeichnungsmodalitäten vertraut ist. Denn die EKG-Aufzeichnungen müssen bei den meisten Herstellern aktiv initiiert werden, sobald Symptome auftreten. Sollten Zweifel bestehen, ist ein Langzeit-EKG das diagnostische Mittel der Wahl.
Für diesen Fall eignen sich die Wearables in der Regel nicht. Bei den meisten Geräten müssen die Aufzeichnungen von dem Anwender aktiv gestartet werden. Dies ist bei einer Synkope ohne Prodromi nicht möglich. Der Patientin sollte je nach Häufigkeit der Synkopen ein Langzeit-EKG oder die Implantation eines Loop-Rekorders empfohlen werden.
Für diesen Fall sind Wearables aus meiner Sicht sehr hilfreich und nützlich. Dem Patienten kann empfohlen werden, sich täglich zu bewegen – mit einer Zieldosis von 10.000 Schritten pro Tag. Die täglich erreichten Schritte können mit einem Wearable leicht überprüft werden. Zudem ist es möglich, dem Patienten eine Trainingsherzfrequenz zu berechnen, welche er für seine sportlichen Aktivitäten nutzen kann. Auch diese kann er mit einem Wearable überprüfen. So können Unsicherheiten überwunden werden und der Patient kann eine gute Selbstkontrolle üben.
Abschließend ist festzuhalten, dass Wearables zum aktuellen Zeitpunkt aus der Kardiologie nicht mehr wegzudenken sind. Es bleibt allerdings abzuwarten, wo die Zukunft der Geräte hinführt. Studien zu veränderten Aufzeichnungsalgorithmen oder neuen Einsatzgebieten, wie beispielsweise in der kardiologischen Rehabilitation, laufen. Die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet.
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