Nach einer Organtransplantation ist eine lebenslange Immunsuppression notwendig, um eine Transplantatabstoßung zu verhindern. Allerdings können unter dieser Therapie unerwünschte Ereignisse auftreten. Hierzu zählen beispielsweise eine Verschlechterung der Nierenfunktion, schwerwiegende Infektionen bis hin zu Krebserkrankungen.1,2
Zur Reduktion der Nebenwirkungen hat die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) ein spezielles Nachsorgeprogramm entwickelt. Bei dem als „Adult Liver Allograft Dysfunction INitiative" (ALADIN)“ bezeichneten Programm erhalten Patient*innen nach einer Lebertransplantation eine individuell angepasste Dosierung der immunsuppressiven Therapie. Gesteuert wird die Immunsuppression mithilfe von Kontrollbiopsien. Erste Ergebnisse zu dieser Vorgehensweise wurden kürzlich in einer Studie vorgestellt. Ziel war es, die Sicherheit und Wirksamkeit von ALADIN zu bewerten.3
An der single-center-real-world-Studie nahmen insgesamt 211 Patient*innen nach Lebertransplantation teil, bei denen keine verfahrensbedingten Komplikationen aufgetreten waren.3 Ihnen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Transplantation Kontrollbiopsien sowie die Testung auf donorspezifische HLA-Antikörper angeboten (etwa 1 Jahr, 3 Jahre und 5 Jahre nach Transplantation). Die weitere Überwachung soll in Intervallen von 5 Jahren erfolgen.3
Anhand der Biopsieergebnisse und der donorspezifischen HLA-Antikörper wurde das Risiko der Transplantatabstoßung für alle Teilnehmer*innen eingeschätzt und in die Gruppen für ein geringes , mittleres oder hohes Risiko eingeordnet. Zusätzlich wurden Komorbiditäten und unerwünschte Wirkungen der Immunsuppressiva berücksichtigt.3 Die Daten bildeten die Grundlage zur Ermittlung des individuellen Bedarfs der immunsuppressiven Therapie.3
Der Bedarf an immunsuppressiver Therapie wurde entsprechend der Ergebnisse bei Patient*innen mit geringer subklinischer Transplantatschädigung reduziert oder im Falle einer fortgeschrittenen Schädigung erhöht.3
Die Studie zeigte, dass nur 32 % der Kontrollbiopsien unauffällig waren. Bei 57 % der Proben konnte eine histologische Entzündung und bei 23 % eine fortgeschrittene Fibrose (>F2) nachgewiesen werden, die nicht durch Laborparameter vorhergesagt wurde.3
Bei 79 % der Patient*innen wurde die immunsuppressive Therapie umgestellt.3 Nach Reduktion der Immunsuppression wiesen lediglich 5 von insgesamt 69 Patient*innen erhöhte Werte des Leberenzyms Alanin-Aminotransferase (ALT) auf.3 Von ihnen hatten 3 eine durch Biopsie nachgewiesene akute Transplantatabstoßung, 2 Patient*innen verstarben an einer Komorbidität.3
Im Vergleich zu einer Kontrollkohorte, bei der vor Einführung des Programms ebenfalls Kontrollbiopsien durchgeführt wurde, war die Rate der Leberenzymerhöhungen einschließlich Transplantatabstoßung trotz Reduktion der Immunsuppressiva nicht signifikant erhöht.3 Vielmehr führte diese Reduktion, verglichen mit der Kontrollgruppe, zu einer signifikant besseren Nierenfunktion.3
Die Studie zeigte, dass durch die Kombination von Kontrollbiopsie, Testung auf donorspezifische HLA-Antikörper und die Berücksichtigung klinischer Parameter bei einer großen Gruppe von Patient*innen die Reduktion der Immunsuppressiva sicher war und zu einem Erhalt der Nierenfunktion führte, ohne dass Risiko einer Transplantatabstoßung zu erhöhen.3 Allerdings wurde die Studie nur an einer einzelnen Klinik durchgeführt. Deshalb sollten, nach Angaben der Autoren, die Ansätze von ALADIN in weiteren, prospektiven kontrollierten interventionellen Studien bestätigt werden.3
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