Infektionen mit der Omikron-Variante verlaufen milder. Forscher scheinen dafür jetzt eine Erklärung zu haben. Lest hier unseren aktuellen Studienüberblick zu Omikron.
Was Wissenschaftler schon zu Beginn der Omikron-Welle vermuteten, scheint sich inzwischen zu bestätigen: Omikron ist infektiöser, die Erkrankung verläuft dafür aber weniger schwer. Das zeigen neueste Daten aus dem südafrikanischen Omikron-Hotspot und dem Vereinigten Königreich. Experimente an Mäusen und Hamstern geben indes Hinweise darauf, warum das so ist.
In einer im International Journal of Infectious Diseases veröffentlichten Studie haben südafrikanische Forscher die Hospitalisierungen und Krankheitsschwere von Omikron-Infizierten in der Provinz Gauteng untersucht. Darin zeigt sich, dass die Spitzenbelegung der Krankenhausbetten während der Omikron-Welle nur halb so hoch war wie während der Delta-Welle – trotz viel höherer Infektionszahlen. Auffällig ist allerdings die Altersverteilung: Patienten, die mit Omikron infiziert waren und in eine Klinik eingewiesen werden mussten, waren jünger als noch in der Delta-Welle.
Eine im Lancet veröffentlichte Studie kommt ebenfalls zum Ergebnis, dass Omikron zu weniger Hospitalisierungen führt. Zwar stiegen in der vierten, von Omikron verursachten Welle, die Infektionszahlen im Vergleich zu den drei anderen Wellen in der südafrikanischen Provinz Gauteng massiv an. Doch das führte nicht zu einem gleichzeitigem Anstieg der Hospitalisierungen. Von den identifizierten COVID-19-Fällen während der zweiten, dritten und vierten Welle wurden etwa 18 %, 13 % bzw. 4 % ins Krankenhaus eingewiesen.
Was die klinischen Ergebnisse anbelangt, so kam es bei etwa 60 % der Beta-Fälle, 66 % der Delta-Fälle und 28 % der Omikron-Fälle zu einem schweren Krankheitsverlauf. Insgesamt wiesen Patienten mit einer Omikron-Infektion im Krankenhaus eine um 73 % geringere Anfälligkeit für die Entwicklung einer schweren Erkrankung auf als Patienten mit einer Delta-Infektion.
In beiden Studien war der Impf- bzw. Genesenenstatus der Patienten nicht bekannt. Die Autoren machen deswegen darauf aufmerksam, dass möglicherweise eine bereits vorhandene Corona-Immunität aufgrund einer natürlichen Infektion oder einer Impfung für die niedrigen Hospitalisierungs- und Todeszahlen verantwortlich sein könnte.
Aus UK gibt es dahingehend eindeutigere Ergebnisse, die zeigen, dass die Impfungen auch nach wie vor vor einem schweren Verlauf ausgelöst durch die neue Variante schützen: Demnach ist das Risiko einer Hospitalisierung für dreifach geimpfte Omikron-Infizierte um knapp 70 Prozent reduziert im Vergleich zu Ungeimpften. Aber: Auch verglichen mit der Delta-Variante ist das Risiko einer Hospitalisierung um knapp ein Drittel reduziert.
Experimente an Mäusen und Hamstern geben indes Hinweise darauf, warum eine Infektion mit der Omikron-Variante möglicherweise zu leichteren Verläufen führt: Verschiedene Forschergruppen konnten unabhängig voneinander zeigen, dass die Viruslast in der Lunge deutlich geringer ist als bei Infektionen mit anderen Varianten. Dafür ist die Viruslast in den oberen Atemwegen höher. Das könnte nicht nur die Erklärung dafür sein, dass Omikron für leichtere Verläufe verantwortlich ist, sondern auch, warum sich diese Variante leichter verbreitet.
Noch in anderen Punkten unterscheidet sich Omikron von anderen Varianten. Auf einer Weihnachtsfeier am 26. November in der norwegischen Hauptstadt Oslo infizierten sich fast 100 Menschen mit der Omikron-Variante – die meisten von ihnen waren geimpft. Als Forscher das Superspreading-Event später analysierten, stellten sie fest, dass Omikron offenbar eine deutlich kürzere Inkubationszeit aufweist: Die Forscher ermittelten eine Inkubationszeit von 2 bis 3 Tagen statt 4 Tagen bei Delta und 5 Tagen bei älteren Varianten.
Auch die Generationszeit scheint bei Omikron kürzer zu sein. Darunter versteht man in der Epidemiologie den zeitlichen Abstand zwischen einer Infektion einer Person und Sekundärinfektionen, die von ihr ausgehen. Darauf deuten inzwischen einige Beobachtungen hin.
In Südafrika etwa, wo Omikron zuerst grassierte, zeigte sich im Vergleich zum Delta-Ausbruch ein sehr viel steilerer Anstieg der Infektionszahlen. Man rechnete deswegen mit einer explosionsartigen Ausbreitung und sehr viel mehr Infektionen. Doch dazu kam es nicht – die Omikron-Welle in Südafrika flachte ebenso schnell wieder ab. Dieses Szenario würde man bei einer kürzeren Generationszeit auch erwarten.
Warum das gute Neuigkeiten sein könnten, erklärt Cornelius Römer, Biostatistiker und Physiker, auf Twitter. Er beruft sich dabei u.a. auf Analysen von Virologe Trevor Bredford: „Eine Variante mit kürzerer Generationszeit verschwindet schneller, wenn die Fallzahlen sinken, zum Beispiel wegen Kontaktbeschränkungen.“ Gesundheitsminister Karl Lauterbach ergänzt: „Das bedeutet auch etwas Gutes: Maßnahmen der Kontaktreduktion und auch Boosterimpfungen wirken sehr schnell. Damit kann man arbeiten.“
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