Startschuss für die Corona-Pille Molnupiravir: Ab heute können Ärzte das antivirale Medikament verordnen. Welche Patienten profitieren davon? Alle wichtigen Infos gibt es hier.
Ärzte haben ab heute (3. Januar 2022) eine neue Option zur Behandlung von COVID-19-Risikopatienten an der Hand: Ab sofort kann das oral anwendbare antivirale Medikament Molnupiravir (Lagevrio®) verordnet werden. Neben den monoklonalen Antikörpern steht somit ein weiteres Präparat zur Verfügung, das die Zahl der schweren Verläufe und Hospitalisierungen bei Risikopatienten zu einem gewissen Teil verringern kann.
Die Bundesregierung hat zunächst 80.000 Dosen vom Hersteller Merck Sharp & Dohme (MSD) beschafft. Zugelassen ist Molnupiravir in der Europäischen Union bisher nicht, dennoch wird es von der Bundesregierung jetzt rechtmäßig in den Handel gebracht. Die Zulassungsstudie zeigte, dass die Hospitalisierungs- und/oder Sterberate gegenüber Placebo bei einer Gabe über fünf Tage (2 x 800 mg/Tag) um etwa 30 % geringer ist.
Die Einnahme sollte innerhalb von fünf Tagen nach Einsetzen von COVID-19-Symptomen beginnen. Die empfohlene Dosis beträgt 800 mg (vier 200 mg-Kapseln) oral alle zwölf Stunden an fünf aufeinanderfolgenden Tagen.
Zunächst ging man noch von einer deutlich besseren Wirksamkeit aus: Die ersten den Zulassungsbehörden vorgelegten Daten zu Molnupiravir zeigten eine etwa 50 %ige Reduktion der Hospitalisierungs- und/oder Sterberate an Tag 29. Im weiteren Studienverlauf verlor das Mittel dann aber an Glanz. Die aktuelle Auswertung der größeren Kohorte zeigte letztlich eine relative Risikoreduktion um etwa 30 %.
Bislang ist unklar, ob die Senkung der Risikoreduktion im Studienverlauf auf den Impfschutz oder andere Faktoren wie Virusvarianten, Änderungen in der Risikopopulation o. a. zurückzuführen ist. FDA-Vertreterin Patrizia Cavazzoni sieht in Molnupiravir eine „zusätzliche Behandlungsoption“, etwa wenn andere Medikamente nicht verfügbar oder aus medizinischen Gründen nicht geeignet seien.
Bessere Noten gibt es für die Verträglichkeit: In einer gemeinsamen Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hoch-pathogene Erreger (STAKOB) wird das Mittel als „gut verträglich“ beschrieben. Hinweise auf Medikamenteninteraktionen gibt es bisher nicht.
Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen bei ≥ 1 % der Patienten mit leichtem bis mittelschwerem COVID-19 sind: Durchfall (3 %), Übelkeit (2 %), Schwindel (1 %) und Kopfschmerzen (1 %)
Die Pille soll zur Behandlung von nicht hospitalisierten Patienten mit COVID-19 ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf und erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf eingesetzt werden. Hier findet ihr Hinweise für Anwender des Medikaments als Informationsblatt. Quelle: Bundesgesundheitsministerium (BMG)
Faktoren, die für die Gabe von Molnupiravir sprechen, sind vor allem hohes Alter und das Vorliegen mehrerer Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, Krebs sowie Herz- und Lungenerkrankungen. Für immunsupprimierte Patienten mit unzureichender Impfantwort wird die Gabe monoklonaler Antikörper bevorzugt empfohlen, heißt es in der Stellungnahme.
Ärzte können die Verordnung nach patientenindividueller Risikoabwägung ausstellen und diese direkt an eine Apotheke übermitteln, sobald ein positives Testergebnis vorliegt. Dafür reicht auch ein Antigentest aus, nach der Verordnung soll zusätzlich eine PCR-Testung erfolgen.
Die Apotheken dürfen Molnupiravir nur infolge einer ärztlichen Verordnung beim Großhandel bestellen. Da alle an der Lieferkette Beteiligten angehalten sind, die ärztliche Verordnung schnellstmöglich zu beliefern, kann der Arzt den Apotheker, zum Beispiel telefonisch, über die Verschreibung vorab informieren. So kann die Bestellung frühzeitig ausgelöst werden. Weitere Details zur Verordnung hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einem Beitrag zusammengestellt.
Neben Molnupiravir bemüht sich die Bundesregierung um den raschen Einsatz von Paxlovid®. Das Corona-Medikament des US-Pharmaherstellers Pfizer konnte mit 88 bis 89 % weniger Krankenhauseinweisungen und tödlichen Krankheitsverläufen eine deutlich bessere Wirksamkeit als sein Merck-Konkurrent zeigen. „Ich bin zuversichtlich, dass wir bis Ende dieses Monats das dafür notwendige Paket geschnürt haben, dass wir also Lieferungen des Medikaments erhalten und eine Notfallzulassung erreicht haben“, so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
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